Rheinische Post: Lammerts Appell
Geschrieben am 23-05-2007 |
Düsseldorf (ots) - Von Reinhold Michels
So wirkungslos, wie einst die Anregung des Bundeskanzlers Schmidt war, seine Landleute sollten sich einen fernsehfreien Tag pro Woche nehmen, so absurd ist nun der Appell von Bundestagspräsident Lammert an Abgeordnete, zwei Jahre lang Talkshow-abstinent zu bleiben. Wer sich davon eine neue Ernsthaftigkeit parlamentarischer Debatten verspricht, ist entweder ein deutscher Träumer; und/oder er nimmt nicht genügend wahr, dass es zwar oft an zahlenmäßiger Präsenz in den Parlamenten mangelt, nicht aber an der - nimmt man alles in allem - Konzentration auf das Politische. So schlecht, wie manchmal über den Bundestag geredet wird (oft von Nörglern, die zu träge für die mit dem Mandat verbundene Plackerei sind), ist er nicht vor allem, wenn man entsprechende Auslands-Vergleiche anstellt. Auch mit seinen Talkrunden kann sich Deutschland - siehe "Illner" im ZDF oder Plasbergs "Hart aber fair" im WDR - sehen lassen. Wem außer politisch randständigen Verführern diente es denn, wenn sich vernünftige Politiker vom TV fernhielten? Die rhetorische Riesenfelge eines Blenders mit Mandat ist viel gefährlicher als ein sachlich auftretender Bodenturner, der im Übrigen in seiner oftmals fehlenden Brillanz ein Abbild seines Volkes ist.
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