Südwest Presse: Kommentar: Kurnaz Im Zweifel Recht
Geschrieben am 29-05-2007 |
Ulm (ots) - Hätte der Fall Kurnaz keine politische Dimension, man könnte an ein Amtsgericht denken, das eine Bierzeltschlägerei verhandelt. Begegnet ist man sich, ja klar, aber geschlagen? Alles frei erfunden. Gibt es im Festzelt meist noch Zeugen, sieht das im fernen Kandahar ganz anders aus. Und ohne Beweise kommen die KSK-Soldaten ungeschoren davon, trotz aller Zweifel, die selbst die Staatsanwaltschaft freimütig äußert. Für Murat Kurnaz ist das nach all den üblen Erfahrungen, die er im Zusammenhang mit seiner Verschleppung in das US-Gefangenenlager Guantánamo mit dem deutschen Staat gemacht hat, bitter. Dabei geht es nicht nur um seine persönliche Genugtuung. Prügelnde Soldaten, die es im Ausland unrühmlichen US-Beispielen nachtun, sind das Letzte, was die Bundeswehr angesichts der erneuten Debatte um ihre Auslandseinsätze brauchen kann. Dennoch gilt: Es gibt im deutschen Strafprozessrecht weder einen Freispruch noch eine Verfahrenseinstellung zweiter Klasse. Lässt sich der Tatverdacht nicht erhärten, gilt weiter die Unschuldsvermutung. Dass der Staat dem Beschuldigten die Tat nachweisen und nicht dieser sich entlasten muss, gehört zu den Grundsätzen eines Rechtsstaates. An ihnen festzuhalten ist unverzichtbar, will man nicht das Justizsystem grundsätzlich in Frage stellen. Das gilt auch in Fällen, in denen bei vielen das Gefühl, es geschehe Unrecht, nicht weichen will.
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