Westdeutsche Zeitung: Der Gipfel der Diplomatie = Von Christoph Lumme
Geschrieben am 01-06-2007 |
Düsseldorf (ots) - So ist das also. Angela Merkel bezeichnet Bushs Klima-Vorstoß als "wichtige Stellungnahme", die "Bewegung in die Sache bringt". Die Chef-Diplomatin im Kanzleramt spricht, als traute sie dem US-Präsidenten die Rolle des Weltenretters zu.
Jenseits des diplomatischen Taktierens dürfte bei ihr aber blankes Entsetzen herrschen über den jüngsten Coup der PR-Strategen im Weißen Haus. Bush hat nämlich einen giftigen Cocktail gemischt, dazu geeignet, nicht nur den Gipfel von Heiligendamm zu lähmen, sondern auch generell die Klima-Ambitionen der Weltgemeinschaft abzutöten. Denn wenn künftig allein die größten Kohlendioxid-Verursacher darüber entscheiden sollen, was in die Atmosphäre geblasen werden darf, dann ist das Ergebnis vorhersehbar.
George Bush bleibt sich treu, indem er wieder einmal auf das Kyoto-Protokoll im Speziellen und die Vereinten Nationen im Allgemeinen pfeift. Als PR-Nummer muss man dem Vorstoß allerdings Respekt zollen, denn Bush gelingt die Quadratur des Kreises. Er wälzt mit seiner Idee, die 15 größten Klima-Schädlinge pünktlich zum Ende seiner Regierungszeit in Washington an einen Tisch zu setzen, das leidige Thema auf seinen Nachfolger ab. Zugleich erklärt er die Unverbindlichkeit zum Maß aller Dinge und präsentiert sich dennoch als Retter des Planeten.
Merkel zwingt dieses Gaukelwerk zu diplomatischer Artistik. Einerseits weiß sie, dass jetzt in Heiligendamm ein politisches Klima-Desaster droht. Andererseits weiß sie aber auch: Würde sie Bushs Offerte öffentlich geißeln, stände sie als bockige Bremserin da, Bush als Entscheider. Deshalb muss sie versuchen, die USA gegen alle Widrigkeiten in den globalen Klimaschutz einzubinden. Das eigentliche Kunststück von Heiligendamm wird darin bestehen, einen Kompromiss zu finden, der einerseits das Kyoto-Protokoll stärkt, andererseits aber den US-Präsidenten nicht düpiert.
Ihr Spielraum ist klein. Sollte Bush dabei bleiben, sich unter keinen Umständen von Europa reinreden zu lassen, liegt die internationale Klimapolitik in Trümmern zumindest, bis der Druck der US-Öffentlichkeit auf ihre bornierte Administration übermächtig wird. Das könnte schon beim nächsten Monster-Hurrikan der Fall sein.
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