Börnsen: Europa braucht eine EU-Charta der Medien für die Achtung der Menschenwürde
Geschrieben am 04-06-2007 |
Berlin (ots) - Anlässlich der "Großen niederländischen Nieren-Spendershow" des öffentlich-rechtlichen Senders BNN, die sich in ihrer Abschlussphase als Blöff herausstellte, erklärt der kultur- und medienpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Wolfgang Börnsen (Bönstrup) MdB:
Einen bitteren, überaus fragwürdigen Scherz haben sich die Macher vom holländischen BNN beim "Nierenspass" erlaubt, indem sie den verzweifelten Hilfeschrei Sterbenskranker als Treibriemen für eine europaweite mediale Attraktion auf der TV-Bühne präsentierten.
Diese TV-Sendung ist auch als konstruierte Inszenierung ein Verstoß gegen die Menschenwürde, weil privates Leben und Sterben zur öffentlichen Show degradiert wird. Die hier praktizierte Selbstentblößung todkranker Menschen im Rahmen einer Spiel-Show ist ethisch nicht vertretbar. Eine todgeweihte Krebskranke entscheidet am Ende einer öffentlichen Sendung über das Schicksal schwerkranker Betroffener. Und der Zuschauer schaltet sich bei diesem "Spiel über Tod oder Leben" über SMS-Botschaften mit ein. Daumen in die Höhe oder Daumen abwärts, wie bei den Gladiatorenkämpfen im alten Rom, so verläuft die Dramaturgie.
Hier wird Hilfe für Todkranke zur Quotenschneiderei missbraucht. Auch wenn Provokation mit Recht zur Pressefreiheit dazu gehört, hier muss die Achtung vor der Würde des Menschen eine Grenze setzen. Hier ist die Selbstkontrolle der holländischen Medienbranche insgesamt gefordert.
Bei uns in Deutschland setzt der 1973 von den Presseverbänden beschlossene und dem damaligen Bundespräsidenten Gustav Heidemann überreichte Pressekodex einem solchen Zynismus eine Begrenzung. Eine solche Charta der Wahrhaftigkeit und Achtung der Menschenwürde wäre gut für ganz Europa. Nicht staatliches Handeln ist in erster Linie gefordert, sondern die Einhaltung moralischer Grundsätze durch die Macher in den Medien.
Eine ganz andere Frage ist jedoch, wie wir den Menschen helfen, die seit Jahren auf Organspender warten. Es ist für unsere Gesellschaft ein Skandal, dass täglich 3 Mitbürger sterben müssen, weil es in unserem Land an Spendern fehlt.
Sieben Jahre beträgt durchschnittlich die Wartezeit für schwer Nierenkranke. Hier sollte und muss ein Umdenken bei uns einsetzen. Der neue Vorschlag des Deutschen Ethikrates, dass jeder von uns von Geburt an Spender ist, wenn man diese Bereitschaft nicht in seinem Spenderpass verneint, ist ein richtungsweisender Weg. Nur 10 Prozent aller Bürger unseres Landes sind bisher zur Spende bereit, wegen einer Gesetzgebung, die zu hohe Barrieren aufgebaut hat. Hier muss eine Änderung erfolgen, wenn wir Menschenleben sichern wollen. Wenn die Grenzüberschreitung der holländischen TV-Sender auch eine positive Werbung hat, dann, die Problematik Organspende wieder zu einem Top-Thema gemacht zu haben. Jetzt gilt es, zu Konsequenzen zu kommen, nicht nur zu einer für die Länder Europas einheitliche Richtlinie zu diesem existenziellen Thema, sondern auch über die Grenzen medialer Produktionen.
Es ist anzuerkennen, dass ARD, ZDF oder auch SAT offensichtlich erklärt haben, über das Thema Organspende seriös und sensibel weiter berichten zu wollen.
Diese Einstellung sollte in Europa Gemeingut werden!
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