Westfälische Rundschau: Kommentar G8-Gipfel
Geschrieben am 08-06-2007 |
Dortmund (ots) - Als ob wir nicht schon genug Umwelt-Sorgen hätten: Über der Ostsee tobt seit Tagen ein schweres Phrasengewitter. Und weltweit wird jetzt massenhaft Wortmüll entsorgt. Immerhin: Der G8-Gipfel ist zu Ende.
Man kann verstehen, dass sich die Teilnehmer des G8-Gipfels alle Mühe geben, ihr aufwändiges Treffen nicht als reine PR-Show erscheinen zu lassen. Man muss die Werbesprüche, mit der sie ihren Misserfolg verkleiden, aber deshalb nicht gleich nachplappern. Wenn Bundeskanzlerin Angela Merkel den Diplomatenauftrieb an der Ostsee selbst als Erfolg bezeichnet, bedeutet das entweder, dass ihre Erwartungen zuvor sehr niedrig waren oder die Anstrengungen ihrer Reklameabteilung sehr hoch. Wahrscheinlich trifft beides zu.
Worüber also jubeln Frau Merkel und ihre Gäste, freundlich begleitet vom Chor der Kofferträger und gewiefter Polit-Propagandisten? Dass die USA sich bereit erklären, auf einer weiteren Konferenz über - nicht näher präzisierte - Maßnahmen zum Klimaschutz zu sprechen? Dass die großen Industriestaaten eine Halbierung der CO2-Emissionen bis 2050 zumindest "erwägen"? Das ist etwa so, als würden die Ärzte dem todkranken Patienten nach längerer Beratung sagen, dass man den Fall später nochmal in größerer Runde erörtern wolle und eine Behandlung durchaus erwäge. Wie gipfeltrunken muss man sein, um in der Unverbindlichkeit solcher Floskeln einen Durchbruch zu erkennen?
Der deutschen G8-Präsidentin war jeder Erfolg zu wünschen bei diesem Gipfeltreffen. Die Folgen der Globalisierung beeinträchtigen immer stärker den Gestaltungsrahmen nationaler Politik. Nicht nur der Klimaschutz, auch die Wirtschafts-, die Arbeitsmarkt- und die Sozialpolitik verlangen im 21. Jahrhundert multinationale Ansätze. Genau an dieser Herausforderung aber scheitern die großen Staatenlenker in trauriger Regelmäßigkeit: Weder hat die Welthandelsrunde tragfähige und faire Regelungen gebracht, noch ist es bislang gelungen, dem Kyoto-Protokoll zum Klimaschutz Geltung zu verschaffen. Dabei sind es beleibe nicht nur die USA, die sich multinationalen Verpflichtungen beharrlich verweigern (und mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit auch weiterhin verweigern werden).
In Heiligendamm wurde nichts beschlossen, was das Weltklima gesünder oder den Welthandel gerechter machen würde. Noch nicht einmal die groß in Szene gesetzte Afrika-Initiative ist ein Fortschritt. Die G8 haben ja nur angekündigt, dass sie einhalten wollen, was sie 1999 in Köln in Aussicht gestellt und zuletzt 2005 in Glen-eagles hoch und heilig versprochen haben. Aber weil Angela Merkel der Weltpresse partout gewichtige Ergebnisse präsentieren wollte, hat sie am Ende ein Dokument dröhnender Belanglosigkeit vorgestellt: laue Formelkompromisse, ohne Festlegungen und bestenfalls geeignet als Projektionsfläche für gutmütige oder willfährige Interpretationen.
Nun könnte man ja gelassen bleiben, wenn acht Spitzenpolitiker, unterstützt von über 2000 Spitzenberatern, zwei Tage lang wertlose Papiere produzieren. Gemessen an den tatsächlichen Problemen ist das aufgeblähte G8-Spektakel von Heiligendamm aber dennoch ein Ärgernis. Als "Heiligendamm-Prozess" soll das Versagen der Acht nun diplomatisch verbrämt und um neue Gesprächspartner erweitert werden. Man sollte ehrlicherweise vom Humbug-Prozess sprechen.
Originaltext: Westfälische Rundschau Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=58905 Pressemappe via RSS : feed://presseportal.de/rss/pm_58905.rss2
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