Börsen-Zeitung: Galileo für Europa Kommentar zu Kosten und Nutzen des Satellitennavigationssystem Galileo, von Christof Roche.
Geschrieben am 08-06-2007 |
Frankfurt (ots) - Es ist entschieden. Der europäische Steuerzahler bezahlt das Satellitennavigationssystem Galileo, nachdem das Industriekonsortium um den Luft- und Raumfahrtkonzern EADS hingeschmissen hat. Knapp 4 Mrd. Euro wird die öffentliche Hand für das Hochtechnologieprojekt in die Hand nehmen müssen, und das ist vermutlich noch niedrig angesetzt. Die Frage stellt sich also: Warum springt der Steuerzahler ein für etwas, das auf den ersten Blick alle Vorteile für ein europäisches Vorzeigeprojekt mit sich bringt? Modernste Technik, zukunftsträchtige Dienste und jede Menge hochbezahlte Jobs. Der Ausstieg von EADS & Co ist, wie öffentlich propagiert, nicht nur an den üblichen Eifersüchteleien um Aufträge und Posten in dem europäischen Konsortium gescheitert. Es waren am Ende auch die fehlenden Renditeerwartungen, die das Projekt straucheln ließen, solange das US-amerikanischen Konkurrenzsystem GPS Navigationsdienste kostenlos anbietet.
Trotzdem hat die europäische Politik richtig entschieden, die 30 Galileo-Satelliten im All zu installieren. Europa kann es sich nicht leisten, als international führender Hochtechnologiestandort auf den Wachstumsmarkt Weltraumtechnik mit aller verbundenen Forschung und Entwicklung zu verzichten. Vor allem aber: Aus politisch-militärischen Überlegungen heraus wäre ein Absturz von Galileo für die Europäische Union eine Katastrophe gewesen. Die Bundeswehr, wie auch andere Partnerverbände, sind heute für jede Ortung auf die Aufnahmen von GPS angewiesen. Will Europa global auf Augenhöhe agieren, dann muss es über eine eigene Weltraumpräsenz verfügen, zumal Russen und Chinesen längst dabei sind, konkurrierende Systeme aufzubauen.
Dazu ist es überfällig, seitens der Politik den Etikettenschwindel zu beenden und reinen Wein einzuschenken. Galileo ist kein ausschließliches ziviles Projekt, sondern integraler Bestandteil einer künftigen gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik der Union, der auch die militärische Nutzung umfasst. Das rechtfertigt die Ausgaben - und soll natürlich niemanden daran hindern, über kostenpflichtige zivile Anwendungen die Anfangsinvestitionen wieder hereinzuholen, schließlich werden mit dem weltumspannenden Netz zahlreiche andere Dienste als nur metergenaue Ortsbestimmungen für Autos, Flugzeuge und Schiffe möglich sein.
(Börsen-Zeitung, 9.6.2007)
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