LVZ: Leipziger Volkszeitung zu NS-Zwangsarbeiterentschädigung
Geschrieben am 11-06-2007 |
Leipzig (ots) - Wenn 62 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs endlich alle Entschädigungen an frühere NS-Zwangsarbeiter ausgezahlt worden sind, dann verbieten sich euphorische Reaktionen von selbst. Für viele der betroffenen Opfer, die unter sklavenartigen Bedingungen für deutsche Firmen schuften mussten, kommen die bescheidenen Beträge schlicht zu spät. Aus einem historisch-moralischen Problem, derVerantwortung der Wirtschaft gegenüber den Zwangsarbeitern, wurde durch jahrelanges Gefeilsche um Zuständigkeiten und rechtliche Sicherheiten ein biologisches. Nur ein geringer Teil der rund 1,7 Millionen ehemaligen Zwangsarbeiter hat die Chance erhalten, mit einer vergleichsweise bescheidenen Summe seinen Lebensabend unter besseren materiellen Bedingungen zu verbringen. Die jetzt abgeschlossene Auszahlung kommt vor allem den nachfolgenden Generationen zugute. Das ist juristisch nicht zu beanstanden, das jahrzehntelange Zögern der Wirtschaft hat aber Deutschlands Ansehen bei den Betroffenen gerade in den osteuropäischen Ländern kräftig ramponiert. Das hätte mit einer schnelleren Regelung verhindert werden können. Die Entschädigung kann allerdings nur eine letzte Geste gegenüber den Opfern des nationalsozialistischen Terrors und Größenwahns sein. Mit Geld lässt sich erlittenes Unrecht nicht aus der Welt schaffen. Eine umfassende Wiedergutmachung für ein persönlich erlittenes Schicksal ist ohnehin kaum möglich. Der finanzielle Ausgleich kann maximal dazu beitragen, die schlimmsten seelischen Verletzungen zumindest im Ansatz zu heilen. Wenn auch sehr spät, so hat sich die Wirtschaft dieser Verantwortung nun gestellt. Wobei es löbliche Ausnahmen in den vergangenen Jahrzehnten immer gegeben hat. In Einzelfällen haben Firmen ihre Beiträge am Zwangsarbeiterfonds von sich aus erhöht und damit - im Sinne der Opfer - für eine schnellere Auszahlung gesorgt. Die vom FDP-Granden Otto Graf Lambsdorff geleitete Zwangsarbeiterstiftung hat die politischen Vorgaben doch noch zu einem versöhnlichen Ende geführt. Der Stiftung kann damit eine gute Arbeit bescheinigt werden. Dass es nicht schneller ging, lag nicht an ihr, sondern an der taktischen Trickserei im Vorfeld. Immerhin sind jetzt alle Opfer oder deren Hinterbliebene ausgezahlt worden. Das ist trotz aller Abstriche ein positiver Fakt, mit dem die Stiftung ihre Arbeit jetzt beenden könnte. Umso ärgerlicher wirken die prompt einsetzenden Machtspielchen um deren Umbau. Wenn die Grünen vor einem außenpolitischen Schaden warnen, klingt das reichlich übertourt. Ein Kuratorium nach beendeter Arbeit zu verkleinern, macht Sinn, die Fixierung auf deutsche Vertreter dagegen weniger. Gerade mit der historischen Verantwortung Deutschlands gegenüber Osteuropa sollte die Entscheidung, deren Repräsentanten in Zukunft auszuladen, noch einmal überprüft werden.
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