WAZ: Ein neues EU-Bio-Siegel: Wischiwaschi zum Aufkleben - Leitartikel von Jürgen Polzin
Geschrieben am 12-06-2007 |
Essen (ots) - Ohne Misstrauen würde es kein Siegel geben. Am Beispiel der Lebensmittelbranche ist das sehr schön nachzuvollziehen. Nur weil dort gepanscht, betrogen und vertuscht wurde, hat die Nahrungsmittelindustrie Güte- und Qualitätssiegel auf die Verpackungen geklebt, um verunsicherten Supermarkt-Kunden die Angst zu nehmen. Rote, grüne, eckige, runde Zeichen gibt es nun. Die Botschaft ist immer gleich: Wenn du dieses Zeichen siehst, dann bist du auf der sicheren Seite. Vertrau mir, kauf mich.
Kein Mensch will Lebensmittel, die nicht schmecken oder die mit Schadstoffen belastet sind. Siegel suggerieren Schutz. Und worauf sie auch immer pappen mögen: Der Vertrauensbonus des in der Regel unkundigen Verbrauchers ist den Herstellern sicher. Weil es aber viele Skandale waren, mussten noch mehr Siegel her. Heute fällt es selbst Fachleuten schwer, in dieser Flut den Überblick zu behalten. Unstrittig ist: Keines unter den Dutzenden von Siegeln reicht an die Anforderungen und Qualitätsstandards des Bio-Siegels heran. Verwendet werden darf es für Lebensmittel nur dann, wenn 95 Prozent der verarbeiteten Produkte aus dem ökologischen Landbau stammen. Gentechnisch veränderte Organismen sind strikt verboten. Das soll sich ändern.
Die gestrige Entscheidung der EU-Agrarminister, ein EU-Bio-Siegel mit gelockerten Standards einzuführen, geht in die falsche Richtung. Künftig wird bei der Herstellung von Bio-Kost eine "unbeabsichtigte Verschmutzung" mit genetisch veränderten Organismen geduldet, etwa durch Pollenflug von einem nahe gelegenen Feld. Für den Verbraucher ist das nicht erkennbar, es steht später auch nicht auf der Verpackung. Bio also wird weiterhin Bio heißen dürfen, auch wenn Genfood drin ist. Verstehen muss man das nicht.
Diesem Wischiwaschi-Siegel leistete Bundeslandwirtschaftsminister Horst Seehofer (CSU) trotz der Bedenken im Bundestag und Bundesrat nun Geburtshilfe. Ob er sich selbst damit einen Gefallen getan hat, wird er in den kommenden Monaten erfahren, wenn er als zuständiger Minister und Vertreter der Verbraucher bei der Vorlage seines neuen Gesetzes endlich Farbe bekennen muss, ob Deutschland grüne Gentechnik will oder nicht.
Auch hier geht es um die Frage, wieviel "Verunreinigung" die Gentechnik-freie Landwirtschaft dulden muss. Für die Bio-Bauern aber ist das eine Existenzfrage. Denn verschwimmen die Grenzen zwischen Gen-Landwirtschaft und Ökolandbau, wird Bio zum Allerwelts-Aufkleber.
Originaltext: Westdeutsche Allgemeine Zeitung Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=55903 Pressemappe via RSS : feed://presseportal.de/rss/pm_55903.rss2
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