LVZ: zu Frankreich/Wahlausgang
Geschrieben am 18-06-2007 |
Leipzig (ots) - Bitterer Lorbeer Von Lutz Hermann Der französische Wähler hat Nicolas Sarkozy im Parlament gesundgeschrumpft. Keine üppige Zwei- Drittel-Mehrheit, sondern nur eine absolute. Damit kann der 52-jährige Präsident, der auf seinem Höhenflug durch die überraschenden Stimmenverluste unsanft gelandet ist, durchaus leben. Und dennoch: Sie sind für ihn bitterer Lorbeer. Gründe für den Rückschlag - fast drei Dutzend Mandate - gibt es viele. Ausschlaggebend war eine Ankündigung der Regierung, eine soziale Mehrwertsteuererhöhung zur Senkung der Lohnnebenkosten für Unternehmer einzuführen. Fünf Punkte mehr, das wären dann 25 Prozent Mehrwertsteuer gewesen. Mit Steuererhöhungen sind in Frankreich - wie überall in Europa - keine Wahlen zu gewinnen. Sarkozy soll am Vorabend der Stichwahl gewarnt haben, aber es war zu spät; jetzt zog er das Vorhaben zurück. Die Korrektur an der Wahlurne - noch im 1. Durchgang vor einer Woche waren dem Regierungslager bis zu 450 Sitze vorausgesagt worden - kam den oppositionellen Sozialisten zugute. Sie gewannen fast soviel Stimmen wie die Sarkozy-Partei verlor. Das gibt der Opposition Auftrieb. Die Sozialistische Partei kann jetzt ihr Jammertal verlassen. Doch eine neue Sorge taucht auf: Parteichef Francois Hollande und seine Lebensgefährtin Segolene Royal trennen sich. Eine Liebesaffäre Hollandes könnte zwischen beiden zu einer unkalkulierbaren Rivalität in der Partei führen. Sarkozy hat mit ähnlichen Problemen fertig werden müssen, als seine Frau Cecilia mit einem Liebhaber nach New York durchbrannte. Nach einigen Monaten kam sie zurück. Politisch steht dem Präsidenten nun nichts mehr im Weg. Die Mehrheit in der Nationalversammlung reicht aus, die mit viel Tamtam angekündigten Reformen durchzusetzen. Schon im Juli soll das Parlament mit dem Abhaken beginnen. Die erst vor vier Wochen gebildete Regierung trat zurück. Premier Fillon muss eine neue zusammenbasteln, weil die Niederlage von Alain Juppe, dem Vize-Premier und Superumweltminister, den Umbau notwendig macht. Der überwältigende Sieg Sarkozys in der Präsidenten- und Parlamentswahl ist nicht abzustreiten. Er hat alle Macht, sein Land so umzukrempeln, wie er es in seiner Wahlkampagne beschrieben hat. Die Europapolitik könnte seine erste Herausforderung sein. Angela Merkel ist als EU-Ratspräsidentin zu wünschen, dass sie einen dynamischen Franzosen erlebt. Sarkozy teilt ihr Bemühen, Polens angedrohte Blockadepolitik zu überwinden. Ein Test für die deutsch-französische Solidarität. Berlin darf auf den zweimaligen Wahlsieger gespannt sein.
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