(Registrieren)

'Capital'-Interview mit Star-Ökonom Axel Ockenfels: "Der Emissionshandel ist ein mittleres Desaster"

Geschrieben am 01-07-2007

Köln (ots) - Falsche Anreize für den Bau von Kohlekraftwerken /
Hohe Volatilität der Zertifikatspreise / Kehrtwende in der
Klimaschutzpolitik wäre aus globaler Sicht wünschenswert / Mit einer
Klimaschutzsteuer führe die Politik besser / Funktionierender
Wettbewerb bei der Stromerzeugung / Keine Preistreiberei der
deutschen Energiekonzerne

Köln/Berlin, 1. Juli 2007 - Der Kölner Universitätsprofessor Axel
Ockenfels kritisiert massiv die Klimaschutzpolitik der
Bundesregierung und der Europäischen Union, insbesondere den
Emissionshandel. Dieses "politische Prestigeprojekt ist ein mittleres
Desaster", sagt der Wirtschaftswissenschaftler im Gespräch mit dem
Wirtschaftsmagazin 'Capital' (Ausgabe 15/2007, EVT. 5. Juli). "Wie
der Emissionshandel implementiert worden ist und nach welchen Regeln
er abläuft, kann er nicht effizient Klimaschutz betreiben."
Ockenfels, der bisher als einziger Ökonom mit dem Leibniz-Preis, dem
renommiertesten deutschen Wissenschaftspreis, ausgezeichnet wurde,
untermauert seinen Totalverriss mit etlichen Details. "Abstrus" sei
etwa, "dass durch die Emissionshandelspolitik Anreize erzeugt worden
sind, in Kohlekraftwerke zu investieren". Ein weiteres hausgemachtes
Problem sei die hohe Volatilität der Zertifikatspreise. Im Moment
liegen sie nahe null Euro, waren aber vor wenigen Monaten schon mal
bei 30 Euro und notieren für 2008 bei über 20 Euro. Grund sei die
Regel, dass man ein heute erworbenes Zertifikat nur noch in diesem
Jahr einsetzen darf. Direkte Folge seien "die erratischen
Preisbewegungen und Preissprünge".

Nach Ansicht von Ockenfels führe die Politik mit einer
Klimaschutzsteuer besser. Der Emissionshandel wirke über den
Zertifikatspreis "zwar auch exakt wie eine Steuer", aber würde "uns
die kostspielige Preisvolatilität ersparen". Außerdem böte eine
CO2-Steuer weltweit den großen Charme, dass mehr Staaten beim
Klimaschutz mitmachten: "Die künstlichen Mengenbeschränkungen bezogen
auf das künstliche Referenzjahr 1990, für das es keine
naturwissenschaftliche und ökonomische Begründung gibt,
benachteiligen Länder, die schnell wachsen, weil sie stärker
Emissionen reduzieren müssen." Bei einer Steuerlösung könnte man, so
Ockenfels im 'Capital'-Gespräch, solche Verhandlungs- und
Fairnessprobleme loswerden. "Ohne eine Lösung der internationalen
Verhandlungsprobleme wird es auch keinen wirksamen Klimaschutz
geben", hält Ockenfels eine Kehrtwende in der europäischen und
deutschen Klimaschutzpolitik für sinnvoll.

Kurz vor dem dritten Energiegipfel in Berlin nimmt der Kölner
Wirtschaftsexperte auch Deutschlands Energiekonzerne vor dem von
Politikern vorgebrachten Vorwurf der Preistreiberei in Schutz. "In
Deutschland liegen die Preise im Großhandel in Europa im unteren
Mittelfeld", stellt Ockenfels fest. "Es gibt meines Wissens keine
überzeugende Evidenz, dass der Wettbewerb im deutschen
Stromgroßhandel nicht funktionieren würde". Dass die Endkundenpreise
relativ hoch lägen, habe mit den Steuern und den Netzentgelten zu tun
- beides Größen, die außerhalb der Konkurrenz laufen. Ockenfels: "Die
Mühe, das auseinanderzuhalten, macht sich kaum ein Politiker." Die
Rekordgewinne der Energieunternehmen seien auch "kein Indikator von
Marktmacht". Ein Grund für die hohen Profite sei vielmehr die
Emissionshandelspolitik. Ockenfels: "Der Staat schenkt den
Unternehmen Zertifikate für die CO2-Emission, die bei Verkauf im
Emissionshandel viele Milliarden Euro wert wären. Die Einpreisung der
zugeteilten Zertifikate ist ein unter Ökonomen völlig unstrittiger
Vorgang." Um vom eigenen Versagen abzulenken, würden die Politiker
auf den Konzernen herumhacken. "Die Politiker hätten es nicht
einfach", so Ockenfels, "wenn sie sagen würden, wir haben aber beim
Emissionshandel oder in der Regulierung eine Menge falsch gemacht."

Für Rückfragen:
Rainer Hübner, Redaktion 'Capital',
Tel. 030/20224-287, Fax 030/20224-292
E-Mail: huebner.rainer@capital.de

Originaltext: Capital, G+J Wirtschaftspresse
Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=8185
Pressemappe via RSS : feed://presseportal.de/rss/pm_8185.rss2


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

79214

weitere Artikel:
  • M.A.X. Automation AG beschleunigt internationale Expansion in der Umwelttechnik / -Umwelt-Tochter Vecoplan übernimmt die französische Vertriebsgesellschaft TBM Düsseldorf (ots) - Die M.A.X. Automation AG baut ihre weltweiten Aktivitäten in der Umwelttechnik weiter aus. Die Tochtergesellschaft Vecoplan Maschinenfabrik GmbH & Co. KG, ein international führender Spezialanbieter von Anlagen für die Zerkleinerung, Förderung und Aufbereitung von Abfall und Wertstoffen, übernimmt mit Wirkung zum 1. Juli 2007 100 % der Anteile an der französischen Gesellschaft TBM mit Sitz in Sierentz, Elsass. Bislang war Vecoplan mit 27 % an dem Unternehmen beteiligt. TBM ist eine Vertriebs- und Servicegesellschaft, mehr...

  • Norilsk Nickel übernimmt rund 90 % der Aktien von LionOre und verlängert den Schlusstag seines Angebots auf den 10. Juli 2007 Moskau und Toronto (ots/PRNewswire) - OJSC MMC Norilsk Nickel ("Norilsk Nickel" oder das "Unternehmen") gab heute bekannt, das Unternehmen habe eine Sicherheit für 201.089.154 Stammaktien von LionOre Mining International Ltd ("LionOre") (Symbol am Toronto Stock Exchange: "LIM"; Symbol am London Stock Exchange: "LOR"; Symbol am Botswana Stock Exchange: "LIONORE") im Rahmen des Angebots von Norilsk Nickel zur Übernahme aller zum Schlusstag 28. Juni 2007 ausstehenden Stammaktien von LionOre zum Barpreis von 27,50 CAD je Aktie hinterlegt. Das entspricht mehr...

  • Allgemeine Zeitung Mainz: Kommentar zu Bahn-Streik Mainz (ots) - Es ist wie bei jedem Tarifstreit: Die Gewerkschaften stellen kräftige Forderungen, die Arbeitgeber halten dagegen, es drohen Streiks, und irgendwann wird man sich einigen. Doch bis sich die Kontrahenten schlussendlich die Hände reichen, wird der Konflikt bei der Bahn auf dem Rücken Dritter ausgetragen - mehr als bei den meisten anderen Tarifauseinandersetzungen. Millionen Fahrgäste werden als Geiseln genommen. Menschen, die jeden Morgen zur Arbeit fahren, gerade jetzt aber auch Unzählige, die die Fahrt in den Jahresurlaub mehr...

  • 'Into Zero NOx Zone' - Bahnbrechende Verbrennungstechnologie von Miura Matsuyama, Japan (ots/PRNewswire) - MIURA Co., Ltd. (Firmenzentrale: Matsuyama Stadt, Ehime Pref., Yuji Takahashi, Präsident), der führende Hersteller kleiner Einzeldurchlauf-Boiler , hat eine Technologie entwickelt, die die Stickoxidkonzentration (NOx-Konzentration) in Abgasen gasbefeuerter Durchlauferhitzern auf weniger als 1 ppm (bei O2 = 0 % äquivalent) reduziert, verglichen mit 25 ppm bei herkömmlichen Durchlauferhitzern. Hintergrund NOx in der Atmosphäre reagiert mit den ultravioletten Strahlen des Sonnenlichts und bildet fotochemische mehr...

  • Geringe Zuwächse im deutschen Außenhandel mit Portugal Wiesbaden (ots) - Die deutschen Ausfuhren nach Portugal sind nach vorläufigen Ergebnissen der Außenhandelsstatistik 2006 im Vergleich zum Vorjahr um 1,4% auf 7,5 Milliarden Euro gestiegen. Wie das Statistische Bundesamt anlässlich der EU-Ratspräsidentschaft von Portugal im zweiten Halbjahr 2007 weiter mitteilt, erhöhten sich die Einfuhren aus Portugal im gleichen Zeitraum um 1,5% auf 4,1 Milliarden Euro. Verglichen mit dem Wachstum des deutschen Außenhandels im Jahr 2006 insgesamt (+ 14,0% bei der Ausfuhr und + 16,5% bei der Einfuhr) hat der mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Wirtschaftsnews

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

DBV löst Berechtigungsscheine von knapp 344 Mio. EUR ein

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht