Westdeutsche Zeitung: Steinbrück = von Alexander Marinos
Geschrieben am 02-07-2007 |
Düsseldorf (ots) - Einen ausgeglichenen Bundeshaushalt ohne neue Kredite gab es zuletzt 1969. Man gerät also in Versuchung, in der Finanzplanung von Peer Steinbrück einen "historischen Erfolg" zu erkennen - und damit auf eine typische Politikerfloskel hereinzufallen. Denn erstens sieht jeder Finanzminister gut aus, wenn die Konjunktur mitspielt. Zweitens ist der ungenierte Griff in die prall gefüllte Kasse der Bundesagentur für Arbeit nichts anderes als ein Griff in die Portemonnaies der Arbeitnehmer. Dabei kann man die Selbstzufriedenheit Steinbrücks ja bis zu einem gewissen Grad nachvollziehen: Auf 30 Milliarden Euro hatte er die Ausgabenwünsche seiner Ministerkollegen für 2008 beziffert. Am Ende blieb mit Unterstützung der Kanzlerin nur knapp ein Drittel davon übrig. Dass Steinbrücks erster Konkurrent im Kabinett, Wirtschaftsminister Michael Glos von der CSU, mit seinen Steuersenkungs-Thesen auch bei Angela Merkel auf Granit biss, dürfte für zusätzliche Genugtuung gesorgt haben. Trotz aller Sparsamkeit wird die staatliche Investitionsquote maßvoll steigen. Es ist dringend notwendig, mehr Geld für Kinderbetreuung, Bildungseinrichtungen und für den Klimaschutz auszugeben - zumal Deutschland heute die zweitniedrigste Investitionsquote in Europa hat. Wer nichts sät, erntet nichts. An dieser Politik lässt sich nichts aussetzen. Doch dann reiht sich eine Enttäuschung an die andere. Dass der Bund erst 2011 ohne neue Schulden auskommen soll, ist angesichts der sprudelnden Steuereinnahmen schon wenig ambitioniert. Dass nun aber auch noch die Bundesagentur für Arbeit durch eine Umfinanzierung um drei Milliarden Euro "erleichtert" wird, ist schlicht dreist. Hatte die Koalition nicht versprochen, die Lohnnebenkosten kräftig zu senken? Die Arbeitslosenversicherung wäre gerade jetzt der richtige Ansatz dafür gewesen, doch durch Steinbrücks Verschiebebahnhof bleibt kaum Spielraum. Und noch etwas: Rot-Grün hatte 2005 zukünftige Forderungen des Bundes an Post, Postbank und Telekom am Kapitalmarkt verkauft und den Erlös ausgegeben. Jetzt fehlt das Geld, und Steinbrück muss die Milliarden für einen Teil der Pensionen früherer Postbeamter zusätzlich aufbringen. Gerade die SPD sollte also nicht allzu laut von "historischen Erfolgen" sprechen.
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