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Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum Start der Tour de France

Geschrieben am 06-07-2007

Bielefeld (ots) - Willkommen zur Tour de Farce, der wahrscheinlich
größten Mogelpackung des organisierten Sports. Drei Wochen lang dreht
sich das große Rad, obwohl noch nicht einmal offiziell feststeht, wer
vor einem Jahr gewonnen hat.
Augen zu und Tour.
So klar und deutlich wie nie zuvor liegen die Beweise für
systematischen Doping-, Drogen- und Medikamentenmissbrauch im
Radsport auf dem Tisch: Wer nicht dopt, der nicht gewinnt. Das ist
nach mehr oder weniger tränenreichen Beichten und gut bezahlten
Geständnissen gewiss.
Auch deshalb ist das Ergebnis der Tour de France seit mindestens zehn
Jahren immer das gleiche: Riis, Ullrich, Pantani, Armstrong, Landis -
sie alle trugen Gelb. Eine weiße Weste hatten sie nicht. Und die
Wahrscheinlichkeit, dass in drei Wochen plötzlich ein Saubermann als
Erster ins Ziel fährt, ist verschwindend gering.
Augen zu und Tour.
Dieses Motto gilt auch im Fernsehen. Sobald sich neue Fakten ergeben,
werde man aussteigen, wiederholen ARD und ZDF seit Wochen. Trotzdem
übertragen sie erneut 90 Stunden, die sie mit einem kleinen
Mäntelchen der Aufklärung überdeckt haben. Aber die Rechte sind
günstig, der finanzielle Gewinn ist üppig, und die Quote stimmt -
jedenfalls dann, wenn ein Deutscher vorn mitfährt. Egal mit welchen
Mitteln.
Augen zu und Tour.
Politik und Gesellschaft mischen ebenso mit. Sportliche Vorbilder
werden verehrt, sie sind erwünscht, mehr noch als in Kunst, Kultur
oder Wirtschaft. Wo sonst lässt sich so anrührend zeigen, dass sich
Leistung lohnt? Wie sonst lässt sich so einfach von Alltagsproblemen
ablenken? Wo sonst ist der Aufstieg von unten nach oben noch möglich?
Wie wir seit PISA wissen, in der Schule nicht - mit Leibesübungen
aber angeblich schon.
Deshalb alimentiert der Staat seine Spitzensportler - nicht nur die
auf dem Rad. 2008 fließen 126 Millionen Euro direkt aus dem
Bundeshaushalt in die Kassen des Sports. Nur 3,9 Millionen kommen bei
der Nationalen Anti-Doping-Agentur an. 122,1 Millionen Euro werden
gebraucht, damit die Deutschen 2008 bei Olympia in China möglichst
viele Medaillen holen.
Denn nur das zählt: Sportförderung hierzulande berechnet sich
ausschließlich am Erfolg. Wie sauber eine Sportart ist, ist nicht
entscheidend für die Höhe der Zuwendungen aus dem Staatssäckel. Ist
das ein glaubwürdiger Ansatz, um Doping zu verhindern?
Augen zu und Tour.
Doch der organisierte Sport will es ja gar nichts anders.
Ausdrücklich hat er sich dagegen gewehrt, dass im neuen,
windelweichen Anti-Doping-Gesetz Richter und Staatsanwälte bei
Sportbetrug eingreifen können. Und dabei wäre ohne deren Ermittlungen
niemals auch nur etwas Licht ins Dopingdunkel gekommen.
Augen zu und Tour.
Warum hat eigentlich niemand ernsthaft erwogen, die
Frankreich-Rundfahrt abzusagen? Ende, Aus, Neuanfang. Das wäre
wahrscheinlich das einzige Zeichen gewesen, das der ganzen Welt die
Augen geöffnet hätte.

Originaltext: Westfalen-Blatt
Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=66306
Pressemappe via RSS : feed://presseportal.de/rss/pm_66306.rss2

Pressekontakt:
Rückfragen bitte an:
Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261


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