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Börsen-Zeitung: Steinbrücks Anschlag, Kommentar von Bernd Wittkowski zur Diskussion über die Pläne des Bundesfinanzministeriums zur Reform der Bankenaufsicht

Geschrieben am 11-07-2007

Frankfurt (ots) - In Deutschland gehen reihenweise Banken über die
Wupper, die Stabilität des Finanzsystems ist in höchster Gefahr, und
jene, die an dieser Stelle für Recht und Ordnung sorgen sollen,
versagen auf der ganzen Linie. Obendrein liefern sich die
Verantwortlichen der Aufsichtsinstanzen permanent erbitterte
Machtkämpfe. Wie bitte, diese Zustandsbeschreibung ist kompletter
Unfug? Das dachten wir bisher auch. Aber die Art und Weise, wie das
von Peer Steinbrück (SPD) geführte Bundesfinanzministerium an die
"Modernisierung der Aufsichtsstruktur" herangeht, lässt kaum einen
anderen Schluss zu als den, dass sich Deutschland in Sachen Banken-
und Finanzmarktüberwachung auf dem Niveau einer Bananenrepublik
befindet.

Im Ernst: Wer den nun bekannt gewordenen Gesetzentwurf verbrochen
hat, der muss von allen guten Geistern verlassen sein. Haben wir
hierzulande, was die Stabilität des Bankensektors und des
Finanzsystems angeht, nicht seit Jahrzehnten Verhältnisse, von denen
Akteure wie Aufseher in manch anderem Land nur träumen können? Hat
sich die traditionelle, nach Schaffung der BaFin im Jahr 2002
konkretisierte Arbeitsteilung mit der Bundesbank nicht bewährt? Ist
ein Systemfehler ruchbar geworden, der vom Gesetzgeber dringend
behoben werden müsste? Oder gibt es eine viel einfachere Erklärung?
Nämlich die, dass es dem einen oder anderen Referenten im Hause
Steinbrück langweilig ist?

Mal will das Ministerium die fein austarierten Gewichte der
Zusammenarbeit zwischen BaFin und Bundesbank ohne Not verlagern. Mal
will es das probate Präsidialmodell der Allfinanzaufsicht
scheinreformieren, indem ein Kollegialorgan etabliert wird, ohne dass
irgendwer versteht, was sich dadurch in der Praxis ändern soll, da
der Präsident ja wohl auch heute kaum wie ein Despot über seinen Vize
und die drei Ersten Direktoren herrscht. Und mal wird die
verfassungsrechtlich abgesicherte Unabhängigkeit der Bundesbank mit
Füßen getreten, indem man die Währungsbehörde en passant der Rechts-
und Fachaufsicht des Ministeriums unterstellen will. Diese Chuzpe
würde sich in der Ära des Euro, bei dessen Schaffung einst das
deutsche Modell mit der unabhängigen Bundesbank Pate stand, keine
südeuropäische Regierung herausnehmen. Auf solche Ideen kommt man nur
in Berlin. Die FDP hat recht: Das ist ein Anschlag. Scheint eine
berufsspezifische Neigung deutscher Finanzminister zu sein.

(Börsen-Zeitung, 12.7.2007)

Originaltext: Börsen-Zeitung
Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=30377
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