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WAZ: Kinder verdienen Schutz Elterliche Gewalt braucht Grenzen - Leitartikel von Sigrid Krause

Geschrieben am 16-07-2007

Essen (ots) - Ja, es gibt sie: Familien, in denen Kinder geliebt
und behütet aufwachsen. In denen Eltern, Großeltern, Tanten, Onkel,
Freunde sich kümmern um das Baby, das Schulkind, den Teenager.
Familien, in denen Erwachsene gern Verantwortung übernehmen.

Aber es gibt auch diese: Mütter und Väter, die selbst noch Kinder
sind. Und/oder deren eigene Kindheit von Arbeitslosigkeit,
Alkoholexzessen und Gewaltausbrüchen der Eltern geprägt war. Die
selbst keinen Beruf erlernt haben und damit lebenslänglich chancenlos
sind auf einem Arbeitsmarkt, der Hochqualifizierte fordert.

Ein Kind zu haben, ist für junge Frauen in solch trüber Lage oft
die einzige Chance, im Leben etwas zu Stande zu bringen, das diese
Gesellschaft wertschätzt. Dass diese Mütter ihren Alltag häufig ohne
Väter meistern müssen, gilt als deren Privatsache. Den Traum von der
eigenen kleinen Familie, von Zusammenhalt, Solidarität, Wärme wird
dennoch jede dieser Mütter in sich tragen. "Die Familie": Sie ist das
große Ideal, sie gilt als Grundpfeiler unserer Gesellschaft. Die
"elterliche Gewalt" - so hieß tatsächlich das Erziehungsmonopol der
Väter und Mütter vor gar nicht langer Zeit - gilt bis heute als
unantastbar.

Obwohl die Schreckensmeldungen über verwahrloste und tote Kinder
nicht abreißen: Wer immer diese Gewalt beschränken will durch
wirksame Instrumente, erntet empörte Proteste. Pflicht zur Vorsorge
für jedes Kind? Verbindlicher Besuch des Kindergartens zum Nulltarif,
warmes Essen inclusive? Pflichtbesuche vom Jugendamt nach einer
Geburt? Verfechter der Traditionsfamilie kontern mit
Totschlagsargumenten wie "Krippenzwang? Bloß nicht!" Die Familie ist
ihnen heilig, vom Grundgesetz geschützt - niemand, schon gar nicht
der Staat, darf hineinregieren. Ein Kind ist Eigentum der Eltern, das
soll so bleiben.

Tatsächlich wachsen Millionen Kinder in Armut auf. Wir wissen
heute, wie die aussehen kann. Jessica aus Hamburg, Justin aus
Wattenscheid, Andre´ aus Iserlohn - ihr trauriges Ende steht für alle
Kinder, die unter ihren Eltern leiden; von drei toten Kindern pro
Woche gehen Kriminalisten aus. Wo Armut zunimmt, ist die Familie
selten ein Hort der Geborgenheit. Appelle an überforderte Eltern,
doch bitte ihre Pflichten zu erfüllen, helfen Kindern nicht. Ihnen
hilft nur eins: Klare Regeln dafür, dass und wann Vater Staat
eingreifen muss und darf. Die Schwächsten zu beschützen, ist seine
vornehmste Pflicht. Die Wunschträume derer, die nie eine verwahrloste
Wohnung betreten haben, verdienen keinen Schutz.

Originaltext: Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=55903
Pressemappe via RSS : feed://presseportal.de/rss/pm_55903.rss2

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Rückfragen bitte an:
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: (0201) 804-0
zentralredaktion@waz.de


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