Neues Deutschland: zum Wahlausgang in der Türkei
Geschrieben am 23-07-2007 |
Berlin (ots) - José Manuel Barroso gehörte zu den ersten Gratulanten. Der Präsident der EU-Kommission lobte den wiedergewählten türkischen Premier Erdogan für dessen Annäherung an »Europa«. Die zur Regierungskonferenz versammelten Außenminister der Union ließen dem Zuckerbrot jedoch sogleich die Peitsche folgen und forderten mehr »Ehrgeiz« bei der Umsetzung von Reformen im Bosporus-Staat. Nur so könnten die EU-Aufnahmeverhandlungen voran kommen. Ob die Glückwünsche und Aufrufe ernst gemeint sind, sei dahingestellt. Schließlich ist die Haltung zu einem türkischen Beitritt in der EU nicht unumstritten. Ebenso ist in der Türkei die Europabegeisterung nicht überall groß. Vor diesem Hintergrund haben Brüssel und Ankara eine bemerkenswerte Symbiose entwickelt: Indem die türkische Regierung die Umsetzung beschlossener Reformen nur halbherzig anging, bot sie der EU immer wieder Gelegenheit, die Beitrittsgespräche zu verzögern. Ankara hingegen beließ es bei verhaltenen Forderungen Richtung Brüssel, die dort zugesagten Versprechen, wie die Unterstützung der türkischen Zyprioten, einzulösen. Meilensteine auf dem Weg zum EU-Land Türkei wurden von beiden Seiten nicht gesetzt. Mit der Verzögerungstaktik dürfte es nun vorbei sein. Der Wahlsieg stärkt auch Ankaras Verhandlungsposition gegenüber der EU. Schon hat Erdogan angekündigt, entschlossen für einen Beitritt anzutreten. In Brüssel könnte man den Beifall schon bald bereuen.
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