LVZ: Leipziger Volkszeitung zum Ärzteprotest
Geschrieben am 19-04-2006 |
Leipzig (ots) - Soziale Erpressung Von Olaf MajerEs sind starke Worte, wenn Marburger-Bund-Chef Frank Ulrich Montgomery vor dem Leipziger Großstreiktag die hiesige Uni-Klinik als Lohn-Drücker und Ärzteausbeuter angreift. Und doch überrascht es nicht, wenn nach wochenlangem Arbeitskampf die Nerven zunehmend blank liegen. Am Geduldsfaden haben bereits zu viele gezerrt. Allen voran Karl Lauterbach. Der allein von sich überzeugte Chefeinflüsterer der Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt ließ sich zu der Bemerkung hinreißen, deutsche Klinikärzte würden im EU-Vergleich bestens verdienen, aber höchstens durchschnittliche Arbeit leisten. Merke: Bei manchem so genannten Experten hört die Originalität leider schon bei der roten Fliege auf. Doch auch die Ministerin selbst tut alles, um bloß keinen Sympathiepunkt zu erwerben. So antwortete die rheinische Frohnatur auf die Frage, warum Deutschland mit Steuergeldern Ärzte teuer ausbildet und anschließend ins Ausland vertreibt, mit der lakonischen Bemerkung: Reisende kann man nicht aufhalten. Fürwahr, ein Armutszeugnis. Und doch ein unfreiwilliges Eingeständnis, viel zu lange auf die Geduld der Mediziner gesetzt zu haben. Seit Jahren schon sehen sie sich einer sozialen Erpressung ausgesetzt. Die irrige Annahme lautet: Pflichtbewusstsein, Selbstlosigkeit und Patientenverantwortung würden dem Arzt verbieten, mit Streik auf eine nicht angemessene Entlohnung zu reagieren. So wurde mit Haustarifen, unbezahlten Überstunden und Bereitschaftsdiensten auf Kosten des Personals kräftig gespart. Doch der Großkampftag von Leipzig zeigt: Die Erpressten sind nicht länger bereit, das Lösegeld für eine verfehlte Gesundheitspolitik zu bezahlen. Zumal auf der anderen Seite der Beitragszahler von Kostenbewusstsein im Gesundheitssystem nichts merkt. Obwohl er selbst immer neue Einschnitte hinnehmen muss: Die Kassenbeiträge bleiben hoch oder steigen. Wer spricht heute noch von der Praxisgebühr als Kostendämpfer? Die beiden Hauptfiguren im Reformtheater - Arzt und Patient - schrumpfen zunehmend zu ohnmächtigen Statisten. Das große Geschäft machen die Nebendarsteller wie Kassenverwalter, Klinikbetreiber oder Pharmaindustrielle - also all diejenigen, die eigentlich nur um das Krankenbett herumstehen. Das Gesundheitssystem droht zum Gesundheitslotto zu werden: Alle zahlen ein, wenige sind die Gewinner. Wenn die große schwarz-rote Gesundheitsreform hier nicht den Paradigmenwechsel vollzieht und sich auf das Wesentliche konzentriert, ist sie das Wort Reform nicht wert. Bevor aber die Wortgefechte im Ärztestreik weiter an Schärfe zunehmen, sollte abgerüstet werden. Dazu gehört ein vernünftiges Angebot der Länder, die sich trotz klammer Kassen aus der gesicherten medizinischen Versorgung ihrer Einwohner nicht herausmogeln können. Aber auch der Marburger Bund muss über seinen Schatten springen. 30 Prozent mehr Gehalt sind nach Jahren der Einbußen zwar keine unberechtigte Forderung. Doch eine realistische Verhandlungsgrundlage sieht anders aus.
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