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LVZ: Keine Abzocke

Geschrieben am 30-07-2007

Leipzig (ots) - Von Birgit Schöppenthau
Kaum eine Preisanpassung hat die Nation so erschüttert. Fünf bis zehn
Cent soll der Verbraucher künftig für den Liter Milch mehr bezahlen.
Die Aufregung suggeriert, der Gesundbrunnen könnte künftig nur
Reichen vorbehalten sein. Drohen jetzt gar Hamsterkäufe bei Butter
und Milch? Die ungezügelte Reaktion auf steigende Milch- und
Butterpreise erweckt den Eindruck, als steuere Deutschland auf eine
nationale Katastrophe zu. Das ist bei einem Preis von knapp 60 Cent
für den Liter Vollmilch lächerlich.
Die Forderungen, die Milcherzeuger und -verarbeiter aufmachen, sind
völlig berechtigt. Vorbei sind die Zeiten, da Milchseen und
Butterberge die Lebensmittelpreise auf Talfahrt schickten. Der
Weltmarkt ist leergefegt und die Nachfrage steigt weiter. Der Preis
für Magermilchpulver hat sich seit Anfang des Jahres verdreifacht.
Die Getreidepreise sind um vierzig Prozent gestiegen. Nahrungsmittel
werden künftig nicht mehr verramscht. Denn sogar die Mütter in China
wissen inzwischen Milchpulver made in Germany zu schätzen.
Deshalb ist der Vorwurf der Abzocke in Verbindung mit der Preiswelle
im Lebensmitteleinzelhandel völlig daneben. Landwirte,
Erzeugergenossenschaften und Molkereien sind Unternehmen, die
verdienen wollen. Niemand kann es ihnen verdenken, wenn sie Preise,
die auf dem Weltmarkt gezahlt werden, auch im Inland durchsetzen. Die
einzige Unbekannte in der Kette ist bislang der Handel. Aber aufgrund
des verschärften Wettbewerbs ist anzunehmen, dass sich Discounter und
Vollsortimenter hüten werden, einen zu großen Schluck aus der Pulle
zu nehmen. Mit der Geiz-ist-geil-Kampagne haben sie den Kunden für
günstige Preise sensibilisiert.
Die Kritik, die gestern in der Politik laut wurde, grenzt an
Heuchelei. Da wird in einem Atemzug der Abbau von Subventionen in der
Agrarwirtschaft gefordert und gleichzeitig ein Preisdumping bei
Nahrungsmitteln verteidigt. Wenn sich Politiker heute als
Wettbewerbshüter aufspielen, sollten sie in erster Linie eigene
Regularien auf den Prüfstand stellen. Beispielsweise verhindert die
Milchquote der EU, dass die Bauern flexibel auf den Markt reagieren
und ihre Produktion ausbauen können. Deutschland hat im
zurückliegenden Milchjahr 3,4 Millionen Euro Strafe an Brüssel
gezahlt, weil die Milchquote überzogen wurde. Angesichts der Engpässe
bei Milch und Magermilchpulver ist das absurd.
Deshalb darf der Ausstieg aus der Milchquote nicht mehr aufgehalten
werden. Aber in Europa mahlen die Mühlen bekanntlich sehr langsam, so
dass ein Ende der Quotierung nicht vor 2015 absehbar ist. Bis dahin
sollten sich die Agrarminister auf einen Kompromiss einigen und die
Strafe bei Überlieferung auf ein Minimum einfrieren. Die
Erzeugerbetriebe hätten bereits heute die Chance, sich an einem
globalen Markt zu orientieren. Mit der höchsten Milchleistung
bundesweit sind die sächsischen Bauern dafür bereits gut aufgestellt.
Das könnte die Preisspirale aufhalten. Nach unten wird sie sich mit
Sicherheit aber nicht mehr drehen, denn Milch ist in der Herstellung
nicht billiger als Mineralwasser. Die Ernährungswirtschaft fordert
lediglich Preise, die ihre Produkte auch wert sind.

Originaltext: Leipziger Volkszeitung
Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=6351
Pressemappe via RSS : feed://presseportal.de/rss/pm_6351.rss2

Pressekontakt:
Rückfragen bitte an:
Leipziger Volkszeitung
Redaktion

Telefon: 0341/218 11558


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