Der Tagesspiegel: Tarifrechtsexperte sagt, dass Lokführer dürfen streiken / Arbeitsrechtler Däubler kritisiert auch Verhalten der großen Gewerkschaften
Geschrieben am 05-08-2007 |
Berlin (ots) - Die Lokführer werden ihren für nächste Woche angekündigten Streik nach Ansicht des Bremer Tarifrechtssexperten Wolfgang Däubler durchziehen können. "Das Grundgesetz garantiert die Koalitionsfreiheit", sagte Däubler dem "Tagesspiegel am Sonntag". Einigten sich die Gewerkschaft GDL und die Deutsche Bahn nicht, könne der Fall rasch zum Bundesverfassungsgericht gelangen, sagte Däubler. Es sei wahrscheinlich, "dass spätestens Karlsruhe sagen würde: Koalitionsfreiheit und Streikrecht haben Vorrang vor dem ungeschriebenen und immer fragwürdiger werdenden Prinzip der Tarifeinheit", sagte der emeritierte Hochschulprofessor. Dieser einst vom Bundesarbeitsgericht formulierte Grundsatz, wonach es in einem Betrieb nur einen Tarif geben darf und auf den sich die Bahn beruft, habe kaum noch Unterstützer. Er verhindere, dass kleine Gewerkschaften wie die GDL Tarifverträge abschließen. "Es kann nicht sein, dass eine Organisation ein Monopol besitzt, nur weil sie zuerst einen Tarifvertrag abgeschlossen hat. Wenn das richtig wäre, müsste die GDL komplett außen vor bleiben, sie wäre eine Art Gewerkschaft zweiter Klasse", sagte der Arbeitsrechtler Däubler. Er kritisierte aber auch die etablierten großen Gewerkschaften. "Die großen Gewerkschaften haben nicht erkannt, dass sie für wichtige Gruppen mit Druckpotenzial wie Lokführer, Ärzte und Piloten mehr tun müssen. Sie sind nicht in der Lage, diese Gruppen ausreichend zu integrieren", sagte Däubler. Er wünsche sich aber "eine lernfähige Einheitsgewerkschaft", da die Solidarität sonst immer schwächer werde "und jeder nur noch an seine Interessen denkt".
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