CO2-Abscheidung und -Speicherung (CCS) - (k)ein realistischer Beitrag zur Erreichung der Klimaziele
Geschrieben am 27-08-2007 |
Essen (ots) - Der vom Menschen verursachte CO2-Ausstoß ist eine wesentliche Ursache für Klimaveränderungen - dies wird trotz verbliebener wissenschaftlicher Unsicherheiten in Politik und Öffentlichkeit als Tatsache gesehen. So richtet sich das Bestreben der Klimapolitik darauf, die CO2-Emissionen zu verringern. Bei der Kohle dreht sich nun alles darum, CO2 bei der Stromerzeugung im Kraftwerk mittels der CCS-Technologie abzuscheiden und zu speichern (CCS = Carbon Dioxide Capture and Storage). Auch die Bundesregierung setzt aus klima- wie energiepolitischen Gründen auf die Entwicklung und Realisierung der CCS-Technologie: Nur so könnten Kohlekraftwerke mittel- bis langfristig auch mit verschärften CO2-Reduktionsvorgaben eine Zukunft haben. Allerdings ist das Wissen um die gesamte CCS-Technologie noch ziemlich lückenhaft. Fachleute rechnen frühestens um 2020 mit der kommerziellen Verfügbarkeit. Überhaupt nicht absehbar ist die längerfristige internationale Wettbewerbsfähigkeit. Neben den wirtschaftlichen Aspekten müssen aber auch Fragen technischer und rechtlicher Art so schnell als möglich geklärt werden, bis eine sinnvolle CCS-Technik zur Verfügung steht. Das Pferd darf deshalb nicht durch Vorfestlegung auf eine nicht erprobte Technologie von hinten aufgezäumt werden.
In der deutschen Klimadebatte werden die heimischen Kohlekraftwerke wieder an den umweltpolitischen Pranger gestellt. Dabei gehören sie zu den umweltfreundlichsten der Welt. Bei der "sauberen" Kohlenutzung - Luftschadstoffe wie Stickoxide, Schwefeldioxid oder Staub werden aus den Rauchgasen herausgefiltert - hat es riesige Fortschritte gegeben. Dazu hat neben modernen Filtertechniken auch die starke Steigerung der Wirkungsgrade der deutschen Kohlekraftwerke beigetragen, die zugleich die CO2-Emissionen zurückgeführt hat. So ist eine ebenso umweltfreundliche wie wirtschaftlich effiziente Kohleverstromung möglich geworden. In diesem Sinne ist die "Clean Coal Technology" (CCT) in Deutschland längst Alltag. Dagegen mangelt es in weiten Teilen der Welt und gerade in den Ländern mit dem höchsten Kohleverbrauch wie China noch am Einsatz von CCT. Selbst in den USA und in Großbritannien ist der deutsche Stand der CCT nicht erreicht. In Großbritannien steht deswegen die Kohleindustrie "mit dem Rücken an der Wand" und sucht ihr Heil in neuen Technologien. Und was schließlich hierzulande noch mehr überzeugen sollte: Die CO2-Vermeidungskosten einer Effizienzstrategie mit CCT sind deutlich geringer als bei CCS.
Doch in Deutschland und bei der EU-Kommission werden mittlerweile saubere Kohlekraftwerke nur noch mit (nahezu) CO2-freien Kraftwerken bzw. mit der CCS-Technologie gleichgesetzt, obwohl sie bisher gar nicht realisiert ist. Bislang ist weltweit noch keine einzige Demonstrationsanlage in Betrieb. Kein Wunder: Die Abscheidung von CO2 befindet sich noch in der Entwicklungsphase. Technisch kann CO2 nach der Verbrennung durch eine Rauchgaswäsche aufgefangen werden (sog. Post-Combustion-Capture). Dieses Verfahren wird zwar bereits in begrenztem Umfang in kleineren Kraftwerken und in der Industrie eingesetzt. Großtechnisch ist es aber mit sehr hohen Investitionskosten und einem hohen zusätzlichen Energiebedarf verbunden. Es kann noch nicht als ausgereift bezeichnet werden. Weiterhin besteht die Möglichkeit, die Verbrennung mit reinem Sauerstoff zu speisen, um ein Abgas zu erhalten, das fast ausschließlich aus CO2 besteht und relativ einfach verflüssigt werden kann (sog. Oxyfuel-Verfahren). Bei dieser Art der Verbrennung treten allerdings bedeutend höhere Temperaturen auf, die das Material des Kraftwerkskessels erheblich belasten. Schätzungen zufolge treten in beiden genannten Verfahren Wirkungsgradverluste auf, die in der Fachliteratur mit bis zu 15 %-Punkten veranschlagt werden. Das heißt: Für eine gleich bleibende Menge Strom muss 40 % mehr Kohle verbrannt werden - das steht den Zielen der Ressourcenschonung und Versorgungssicherung entgegen. Schließlich kann das CO2 vor der Verbrennung abgeschieden werden, indem in einem chemischen Prozess zunächst ein Synthesegas hergestellt wird, aus dem in einem weiteren Schritt das CO2 isoliert werden kann (sog. Pre-Combustion Capture). Diese Technik könnte in zukünftigen IGCC-Kraftwerken (Integrated Gasification Combined Cycle) eingesetzt werden. Doch auch hier sind Wirkungsgradverluste und Kostensteigerungen unvermeidlich. Hinzu kommen bei allen Verfahren noch die Probleme und Kosten des Transports und der sicheren Lagerung von CO2. Die Stromerzeugung wird daher durch CCS in jedem Fall erheblich verteuert.
Während der bloße Transport von CO2 technisch relativ wenige Probleme bereitet, ist die Einlagerung zum Teil mit erheblichen Schwierigkeiten und Bedenken verbunden. Insbesondere kommen als Speicher verschiedene geologische Formationen wie Salzstöcke, tiefe Kohleflöze, ausgeförderte Gas- und Ölfelder sowie poröse mit Salzwasser gefüllte Sedimentsschichten (sog. saline Aquifere) in Betracht. Um ein erneutes Zutagetreten des eingelagerten CO2 zu verhindern, müssen die Speicher dabei in beträchtlichen Tiefen liegen. Unter dem dort vorherrschenden Druck wird das Gas flüssig und verdrängt im Falle saliner Aquifere das Salzwasser aus den Poren. Ob es sich dabei um eine wirtschaftlich zukunftsweisende Lösung handelt, bleibt abzuwarten. Für das Problem möglicher Leckagen und der dauerhaft umweltverträglichen Speicherung sind technisch einwandfreie Lösungen nötig. Ein Austritt größerer Mengen an CO2 muss zuverlässig und dauerhaft verhindert werden. Das setzt angemessene geologische Gegebenheiten voraus ebenso wie hinreichende technische Vorkehrungen und entsprechende Monitoring-Systeme. Und das wiederum erfordert noch viel Forschung und Entwicklung. Deswegen will die Bundesregierung die CO2-Speicherung auch zu einem Schwerpunkt ihrer künftigen Energieforschung machen. Die Forschungsergebnisse müssen aber abgewartet werden, bevor Richtungsentscheidungen getroffen werden.
Auch grundsätzliche rechtliche Fragen sind offen: Gegenwärtig gibt es weder auf nationaler noch auf europäischer oder internationaler Ebene einen Rechtsrahmen für CCS. Ohne stabilen Rechtsrahmen besitzen aber praktisch alle CCS-Projekte keine belastbare Planungsgrundlage. Dies betrifft vor allem Fragen des Raumordnungs-, Berg-, Wasser- und Abfallrechts. Sie müssen aufeinander abgestimmt werden , um die Errichtung und den Betrieb von CO2-Ablagerungsstätten ebenso wie den Transport und die Abscheidung unter Beachtung von Sicherheits- und Umweltschutzgesichtspunkten ohne wirtschaftlich unverhältnismäßige Auflagen zu gestatten. Geregelt werden muss auch die Vereinbarkeit von CCS mit dem bestehenden europäischen Emissionshandelssystem und einem möglichen Post-Kyoto-Regime im internationalen Rahmen. Die Europäische Kommission hat erst für Ende 2007 einen Vorschlag für einen derartigen Rechtsrahmen angekündigt. Ebenso völlig ungeklärt sind die Haftungsfragen. Rein rechtlich hängt die ganze CCS-Diskussion also noch völlig in der Luft.
Energiepolitisch bleibt abzuwägen: Einerseits birgt CCS eine Chance, die Akzeptanz der Verstromung von Kohle zu erhöhen; zugleich birgt CCS aber auch die Gefahr eines gepriesenen "Allheilmittels", das am Ende seine Wirkung nicht entfalten kann. Andererseits mindert CCS durch die zusätzliche Kostenbelastung die Wettbewerbsfähigkeit der Kohle. Das könnte eine weitere Verschiebung der Stromerzeugung zugunsten anderer Energieträger wie insbesondere Erdgas bedeuten und negative Auswirkungen auf den Energiemix und die Energieversorgungssicherheit haben.
Fazit: CCS als verbindlichen Standard für neue Kraftwerke vorzuschreiben, wäre angesichts der zahlreichen offenen Fragen unverantwortlich. Das gilt konkret für aktuelle Überlegungen, schon ab 2020 Neuanlagen nur noch mit CCS zuzulassen und zuvor geplante Anlagen nur dann zu genehmigen, wenn sie mit CCS nachgerüstet werden können (sog. "Capture-Readiness"). Dieser Ansatz behindert den zunächst für den Klimaschutz effektiveren und kostengünstigeren Weg, deutliche CO2-Minderungen über Wirkungsgradsteigerungen zu erreichen. Diese Strategie steht auch besser im Einklang mit dem Emissionshandelssystem: Es ist schließlich darauf ausgerichtet, vorgegebene CO2-Reduktionsziele dort zu realisieren, wo sie am kostengünstigsten zu erreichen sind anstatt bestimmte Techniken vorzuschreiben. Viele kleine Schritte auf überschaubaren Pfaden sind meist zielführender als ein großer Schritt über weitgehend unbekanntes Terrain.
Originaltext: GVSt Gesamtverband Steinkohle Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/54802 Pressemappe via RSS : feed://www.presseportal.de/rss/pm_54802.rss2
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