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WAZ: CO2-Streit vor der Automesse: Die "grüne IAA" ist nur ein Traum - Leitartikel von Gerd Heidecke

Geschrieben am 10-09-2007

Essen (ots) - Mercedes enthüllt am heutigen Dienstagmorgen
schlagartig 19 auf umweltschonend-sparsam getrimmte Modelle vor der
Weltpresse. Auf den Laufsteg der "grünen" IAA rollt Käufliches wie
der Smart mit Abschalt-Automatik und erst nach 2010 erhältliche
Dieselhybrid-Pkw. Statt 300 km/h und 600 PS heißen die neuen
Kennziffern des Wunschdenkens 99 und 119 Gramm CO2.

"Blue" und "green" und "efficient" und "eco" prangt es auf den
Typenschildern, und Automobilverbands-Präsident Wissmann fordert ganz
entschieden und ganz Politiker die CO2-basierte Kfz-Steuer. Zehn Tage
Öko-Feuerwerk täuschen aber nicht über jahrelange Versäumnisse
hinweg.

Da hilft auch kein Angriff der Abteilung Attacke, wenn
Porsche-Chef Wiedeking die Grenzen der Physik herbeizitiert, um
EU-Umweltkommissar Dimas in die Nische des Öko-Lobbyisten zu drängen.
Wer Augen hat, kann gemäß IAA-Motto schon heute in Frankfurt sehen,
was morgen endlich einen Porsche-Geländewagen bewegt: ein einfach
gestrickter Hybridantrieb. Der wird bei seinem Erscheinen 2009 um
Jahre hinter handelsüblicher Toyota-Technik zurück sein.

Am Ende geht es der Überkapazitäten-gebeutelten Branche nur um
Profite, und der ohnehin immer öfter ausbleibende Autokäufer mag eben
nicht mehr fünf Prozent in zusätzliche Spartechnik investieren. Da
muss man schon Krösus heißen wie Toyota, um der Menschheit 100 000
teure Vollhybride pro Jahr quer zu subventionieren - bei einer
Weltproduktion von 57 Millionen Autos.

Dimas'sche Strafsteuervorstellungen - wie anders, bitte schön,
als übers Geld sollte denn ein CO2-Grenzwert durchgesetzt werden? -
bringen natürlich die Branchen-Bosse zum Griff nach dem unbewiesenen
Totschlagargument Arbeitsplatzverlust. Gut, dass sich die Donnerstag
zur IAA-Eröffnung eilende "Kanzlerin keiner Autos" nicht vor den
Industrie-Karren spannen lässt.

Der Kanzlerin könnte man ins Fahrtenbuch schreiben: Sparen muss
sich mehr lohnen. Der beste Anreiz für kleineren Verbrauch ist ein
höherer Spritpreis und nicht ein CO2-basierter Ablasshandel bei der
Kfz-Steuer. Die deutsche Autoindustrie sollte sich zum Beginn ihrer
Umweltcharmeoffensive erst einmal ihre Ökounterlassungssünden
eingestehen und sich - das ist in Zeiten drohenden Klimawandels nicht
zuviel verlangt - dafür entschuldigen. Technologie für Spar- und
Spaßwagen gibt es am Automobilstandort Deutschland genug. So viel wie
falsche Blumen auf der IAA.

Originaltext: Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/55903
Pressemappe via RSS : feed://www.presseportal.de/rss/pm_55903.rss2

Pressekontakt:
Rückfragen bitte an:
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: (0201) 804-8975
zentralredaktion@waz.de


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