Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum Geburtenschwund
Geschrieben am 11-09-2007 |
Bielefeld (ots) - Es ist in Deutschland schwierig, das Thema Geburtenschwund nüchtern und vernünftig zu diskutieren. Das Berliner Establishment neigt dazu, die demographischen Daten zu verharmlosen oder darauf hinzuweisen, dass das Schrumpfen der Bevölkerung in Europa durch das Wachstum der Völker in Afrika oder Asien neutralisiert werde. Der renommierte Demograph und frühere Bielefelder Professor Herwig Birg meinte dazu einmal lakonisch: Das wäre so, wie wenn man mit einem Bein in einem Eimer voll heißem und mit dem anderen in einem Eimer mit eiskaltem Wasser stünde. Insgesamt stimme die Temperatur, trotzdem sei das kein angenehmes Gefühl. Die Auswirkungen des Geburtenschwundes auf Wirtschaft, Wohlstand und vor allem auf die Sozialsysteme in unserem schwarz-rot-goldenen Eimer Bundesrepublik Deutschland bewirken zwar hier und da ein gewisses Umdenken, aber es reicht nicht, die Politik entsprechend zu ändern und der Familie, der sogenannten Keimzelle der Gesellschaft, dem Hort und Quell von Kindern, endlich Gerechtigkeit widerfahren zu lassen. Dies werden die Ideologen in Berlin verhindern. Das sind die Fakten: - 2006 wieder 13000 Kinder weniger als im Jahr zuvor und - Tiefststand der absoluten Kinderzahl jetzt bei 672700. Die neuesten Daten des Statistischen Bundesamtes regen in Berlin kaum einen auf, die meisten dort haben eh keine Kinder. Selbst zaghafte Gemüter könnten jetzt anmerken, man solle die demographischen Vorgänge doch einmal genauer erforschen. Dafür ist es höchste Zeit. Aber von den vier Lehrstühlen, die es noch vor ein paar Jahren gab, als der Bevölkerungsschwund bereits im allgemeinen Bewusstsein Platz griff, sind drei abgeschafft, der einzig verbliebene ist der in Rostock. Andere, um nicht zu sagen: alle anderen, Industrieländer sind uns da weit voraus. Vermutlich hat Professor Birg auch mit einem anderen Diktum recht, wenn er sagt: »Es ist dreißig Jahre nach 12.« Denn wir haben zum Umsteuern schon drei Jahrzehnte verloren, so lange kennt man in der Politik die Entwicklung. Eine weitere Glanzleistung hierzulande besteht darin, das demographische Defizit als »demographische Rendite« zu verkaufen. Nun habe man weniger Kosten für Schulen, für Kindergärten, für Ausbildungsplätze, für Universitäten. Das erinnert an die Blaskapelle auf der Titanic. Spielen bis zum Untergang. Dabei steht uns heute schon das Wasser bis zum Hals. Der Geburtenschwund drückt auf das Wirtschaftswachstum, es fehlen bereits Fachkräfte, die Sozialsysteme schwächeln, es ist eine Frage der Zeit, wann man über die Grundrente für alle diskutiert. Die neuen Zahlen sind ein Menetekel. Aber man täusche sich nicht: Die Berliner Blaskapelle wird aus dem neuen Tiefstand keinerlei Konsequenzen ziehen. Sie will es nicht. Warum auch, bis zur nächsten Wahl ist das Wasser noch nicht am Oberdeck.
Originaltext: Westfalen-Blatt Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/66306 Pressemappe via RSS : feed://www.presseportal.de/rss/pm_66306.rss2
Pressekontakt: Rückfragen bitte an: Westfalen-Blatt Nachrichtenleiter Andreas Kolesch Telefon: 0521 - 585261
Kontaktinformationen:
Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.
Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.
Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.
http://www.bankkaufmann.com/topics.html
Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.
@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf
E-Mail: media(at)at-symbol.de
92080
weitere Artikel:
- WAZ: Auf in den Stau! - Kommentar von Wilfried Beiersdorf Essen (ots) - Schlechte Nachrichten für die Wirtschaft im Revier: Immer mehr Autofahrer werden bald mit noch mehr Verspätung zur Arbeit kommen. Auf Warenlieferungen werden Produktionsbetriebe immer häufiger warten müssen. Denn die Staus werden bald länger. Daran arbeiten Nahverkehrspolitiker der Region. Mit einem komplizierten Umbau des VRR-Preissystems wollen sie die Kunden offenbar bis zur Schmerzgrenze ausquetschen. Das wird nach den heftigen Preiserhöhungen in letzter Zeit sicher Fahrgäste kosten. Für das Revier ist das eine fatale mehr...
- WAZ: Neue Lehrerausbildung: Längst überfällig - Kommentar von Christoph Meinerz Essen (ots) - "Vergessen Sie mal, was Sie an der Universität gelernt haben": Angehende Lehrer werden nach dem Studium oft mit diesem Satz an der Schule begrüßt. Niemand bestreitet, dass eine Lehrerausbildung mit stärkerem Praxisbezug schon während der Hochschulzeit längst überfällig ist. Allerdings werden die ersten neuen Pädagogen frühestens 2015 einsatzbereit sein. Wer Wert auf gute Bildung legt, muss sich um die Lehrer kümmern: Das gilt auch für die 190 000 Pädagogen, die noch für Jahrzehnte unsere Kinder zu den Leistungsträgern von mehr...
- WAZ: Petraeus legt Irak-Bericht vor: General Vorwärts - Leitartikel von Markus Günther Essen (ots) - Was genau hat General Petraeus gesagt? Mal heißt es, auch er habe den schrittweisen Rückzug aus dem Irak gefordert. Andere haben das Gegenteil gehört: Petraeus habe so etwas wie "Weiter so!" gesagt. Was Petraeus, im Zusammenhang betrachtet, tatsächlich gemeint hat, geht in manchem Kommentar unter. Es lässt sich am ehesten so zusammenfassen: Es gibt deutliche Anzeichen dafür, dass die US-Strategie wirkt, und es gibt zu dieser Strategie keine Alternative. Das kann man für völlig falsch halten, für naiv und verlogen - und US-Oppositionspolitiker mehr...
- LVZ: Die Leipziger Volkszeitung zum Fall Mitja/Urteil - Leipzig (ots) - Von Armin Görtz. Strafe sei vor allem auf die Zukunft gerichtet, schrieb Arthur Schopenhauer vor mehr als 200 Jahren. Im Sinne jenes Philosophen haben Leipziger Richter und Schöffen gestern das einzig akzeptable Urteil gesprochen: Mitjas Mörder Kolbig hat demnach keine Zukunft mehr. Jedenfalls keine in Freiheit. Er wird nach dem Willen des Gerichts auf unbestimmte Zeit inHaft bleiben, frühestens nach zwei Jahrzehnten aus dem Gefängnis kommen - und in diesem Fall sofort in die Sicherungsverwahrung wechseln. Zwar hat die mehr...
- Lausitzer Rundschau: Die Verfassungsrichter zu den Rundfunkgebühren Ein wirklichkeitsfernes Urteil Cottbus (ots) - Da reibt man sich verwundert die Augen, wenn jetzt unsere Verfassungsrichter die Staatsferne des öffentlich-rechtlichen Rundfunks verteidigen. Es sitzen bekanntlich in den Führungspositionen all dieser Anstalten parteipolitisch durchgefärbte Gestalten, die eine jeweils regierungsfreundliche Tendenz garantieren. In Bayern sind sie CSU-konservativ gefärbt, in Bremen rosa-rot angehaucht. Und in den Aufsichtsgremien tummeln sich Abgeordnete oder wie beim ZDF die Ministerpräsidenten. Was ist daran bitteschön staatsfern? Staatsnah mehr...
|
|
|
Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten
Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:
LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre
durchschnittliche Punktzahl: 0 Stimmen: 0
|