Westdeutsche Zeitung: Energie ist in Deutschland zu teuer = von Ingo Faust
Geschrieben am 19-09-2007 |
Düsseldorf (ots) - Glaubt man einigen seit Monaten laufenden Diskussionsrunden, dann stehen sich in Deutschland bis aufs Hemd ausgebeutete Energieverbraucher und preistreibende Konzerne gegenüber, die vor Gier den Hals nicht voll kriegen können. In Wahrheit ist es natürlich nicht so dramatisch. Tatsache ist aber: Energie ist in Deutschland zu teuer. Einige Preissprünge sind unerklärbar. Und die Heizölklausel für Gaspreise nutzt den Verbrauchern wenig. Sie wurde eigens für Lieferanten erfunden. Dass Brüssel jetzt, nachdem mehrere Anläufe zur Liberalisierung der Strom- und Gasmärkte gescheitert sind, für mehr Wettbewerb und damit niedrigere Preise Dampf machen will, ist löblich. Dass zuerst bei der unheimlichen Allianz zwischen Erzeugung und Transport angesetzt werden muss, liegt auf der Hand. Würde beispielsweise Autohersteller VW auch gleich noch die Autobahnen betreiben und entscheiden können, welches Auto dort fahren darf, wäre klar, welche Modelle man dort sehen würde. Der Transport von Billigenergie anderer Anbieter wird in Deutschland von den Netzbetreibern, die vorrangig ihre eigene Energie verkaufen wollen, also nach Kräften blockiert und damit künstlich verteuert. Ob der von Brüssel eingeschlagene Weg, der bis zur Zerschlagung von Energiekonzernen und der Enteignung ihrer Netze reicht, allerdings der einzig richtige ist, darf angezweifelt werden. In Deutschland setzt das Grundgesetz Enteignungen hohe Hürden. Käme es dennoch dazu, würden sich jahrelang die Gerichte damit beschäftigen müssen. Während der Zeit bis zu den Urteilen würde sich der Wettbewerb nicht verbessern. Der einzig gangbare Weg ist, dass sich die Energiemultis freiwillig von ihren Netzen trennen und sie an konzernunabhängige Dritte geben. Die müssten dann auch kleineren Anbietern Transportkapazitäten zu günstigen Preisen bereitstellen. Das hört sich schwierig an, aber etwa Vattenfall, die Nummer 3 in Deutschland, ist dazu bereit. RWE und Eon müssten noch überzeugt werden. Das geht gut mit dem Druck der Öffentlichkeit. Zumal die Konzerne allmählich die Zeichen der Zeit erkennen: Gegenseitige Übernahmen sind kein Allheilmittel, Größe kein Wert an sich. Die Preise sinken erst bei vielen Anbietern.
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