Reform der Finanzbeziehungen pragmatisch angehen / Experten aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft diskutierten Perspektiven für die zweite Stufe der Föderalismusreform
Geschrieben am 20-09-2007 |
Berlin (ots) - Die Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium der Finanzen Dr. Barbara Hendricks bekräftigte auf einer Veranstaltung der Schweizerischen Botschaft gestern Abend in Berlin die Forderung des Bundes, im Zuge der zweiten Stufe der Föderalismusreform das Prinzip der Schulden finanzierten öffentlichen Haushalte dauerhaft umzukehren. "Entscheidend wird sein, dass wir zu einer Schuldenregel finden, die den ausgeglichenen Haushalt - über den gesamten Konjunkturzyklus gesehen - als den Regelfall begreift". Dabei setzt das Ministerium auf eine "Lösung, die gleichermaßen die Interessen des Bundes wie der Länder berücksichtigt".
Unter dem Titel "Zwischen Haushaltskonsolidierung und Wettbewerb - Ansatzpunkte für eine Reform der föderalen Finanzbeziehungen" diskutierten gestern auf Einladung des Schweizerischen Botschafters, Dr. Christian Blickenstorfer im Haus der Commerzbank am Pariser Platz neben Barbara Hendricks Peter Siegenthaler, Direktor der Eidgenössischen Finanzverwaltung, Dr. Michael Meister, stellvertretender Vorsitzender der CDU/CSU-Fraktion, Prof. Dr. Ernst Buschor, ehemaliger Präsident des Regierungsrates des Kantons Zürich und Prof. Dr. Charles Blankart, Leiter des Lehrstuhls für Öffentliche Finanzen an der Humboldt-Universität Berlin über sinnvolle Maßnahmen für eine Modernisierung der föderalen Beziehungen in Deutschland und der Schweiz. Moderiert wurde die Veranstaltung von Christoph Keese, Chefredakteur der Welt. Rund 90 namhafte Gäste aus Politik, Wirtschaft, Verbänden und Medien waren der Einladung gefolgt.
Dr. Barbara Hendricks skizzierte zunächst die Perspektiven der zweiten Stufe der Föderalismusreform aus Sicht des Finanzministeriums. Während sie sich skeptisch gegenüber der Frage nach mehr Steuerautonomie der Länder nach Schweizer Vorbild zeigte, betonte sie den Fokus des Bundesfinanzministeriums, die Verschuldung der öffentlichen Haushalte wirkungsvoll zu begrenzen. Einen Steuerwettbewerb zwischen den Ländern könne sie sich nur bei immobilen Steuern vorstellen, nicht bei Einkommen- und Gewinnsteuern. Das Grundgesetz fordere ein Streben nach gleichwertigen Lebensverhältnissen.
Der Chef der Eidgenössischen Finanzverwaltung Peter Siegenthaler hob in seinem Vortrag hervor, dass der Wettbewerb zwischen den Bundesstaaten (Kantonen) in der Schweiz das eigentliche Kernelement eines funktionierenden Föderalismus bildet: "Wettbewerb zwischen den Standorten ermöglicht Innovationen und erlaubt es, dass gute Lösungen Schule machen, umgekehrt schlechte Lösungen erkannt werden und keine Nachahmer finden." Unabdingbar sei aber ein Lastenausgleich zwischen armen und reichen Kantonen, um gerechten Wettbewerb gewährleisten zu können. Weiter habe die Schweiz bei ihrer Reform anstelle von Subventionen verstärkt auf Leistungsverträge zwischen Bund und Kantonen gesetzt. Prof. Dr. Blankart betont die Freiwilligkeit der Schweizer kantonalen Schuldenbremsen. Dadurch erzielten die für ihre Schulden selbstverantwortlichen Kantone eine höhere Bonität. Den deutschen Ländern Schuldenbremsen "von oben zu oktroyieren, ist etwas ganz anderes: ein Akt der Zentralisierung, statt einer Reform des Föderalismus."
Die anschließende Diskussionsrunde machte deutlich, dass eine stringente Reform der föderalen Beziehungen in beiden Ländern kontrovers und emotional diskutiert wird. Der stellvertretende Vorsitzende der CDU-/CSU-Fraktion Dr. Michael Meister setzte sich für eine im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse und ein Frühwarnsystem für Bund und Länder ein, unterstrich gleichzeitig, dass er für mehr Wettbewerb zwischen den Ländern plädieren werde: "Mehr Wettbewerb zwischen den Länder ist grundsätzlich zu befürworten. In der Folge wäre eher ein Leistungswettbewerb nach oben zu erwarten. Wesentlich ist aber, dass wir eine Reform der Finanzbeziehungen erarbeiten, die politisch realisierbar ist."
Unterstützung bekam Dr. Meister von Prof. Dr. Buschor, der für die Verankerung einer Schuldenbremse in der Verfassung von Bund und Ländern plädierte. Prof. Dr. Buschor fordert vor allem klare Verantwortlichkeiten: "Eine Schuldenbremse kann nur dann zu einem wichtigen Instrumentarium werden, wenn im Falle einer Zielverfehlung wirksame Sanktionen verhängt werden."
Die Diskussionsreihe "Deutschland - Schweiz: Partner im Dialog" widmet sich aktuellen politischen Debatten und versteht sich als ein Forum, das neue Perspektiven und Denkanstöße für Themen mit gesellschaftlicher Relevanz entwickelt. Im Fokus steht dabei ein konstruktiver und regelmäßiger Dialog zwischen der Schweiz und Deutschland. Die Veranstaltungen werden organisiert und durchgeführt von der Schweizerischen Botschaft in Berlin.
Originaltext: Schweizerische Botschaft Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/68170 Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_68170.rss2
Pressekontakt: Botschaftsrat Dipl. Ing. ETH Daniel Zulauf Schweizerische Botschaft Abteilung Wirtschaft und Handel Otto-von-Bismarck-Allee 4A D-10557 Berlin Telefon: +49 (0)30 390 400 37 E-Mail: daniel.zulauf@eda.admin.ch
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