Westdeutsche Zeitung: Solidaritätszuschlag = von Alexander Marinos
Geschrieben am 02-10-2007 |
Düsseldorf (ots) - Solidaritätszuschlag - das ist ein lügendes Wort, wie es in der Politik gerne verwendet wird. Räumen wir also mit zwei Vorurteilen auf: 1. Der Solidaritätszuschlag wird nicht, wie oft angenommen, nur von den Wessis aufgebracht, sondern in West und Ost erhoben. 2. Die Einnahmen aus dem Soli wandern nicht in den Aufbau Ost, sondern versickern im Bundeshaushalt. Wer also fordert, den so genannten Solidaritätszuschlag abzusenken oder, besser noch, ganz zu streichen, der kündigt nicht ausgerechnet zum Tag der deutschen Einheit die notwendige Solidarität der alten mit den neuen Bundesländern auf. Im Gegenteil: Die Zusatzbelastung durch diese zur Dauersteuer mutierten Sonderabgabe behindert Investitionen in ganz Deutschland. Ihre Abschaffung wäre somit ein Beitrag zum Aufbau Ost - und West. Eine davon losgelöste Frage ist, wie hilfreich die Transferleistungen an die Ost-Länder tatsächlich sind. Im Solidarpakt II wurde festgelegt, dass bis 2019 insgesamt 156 Milliarden Euro in die neuen Länder fließen. Niemand wird behaupten, dass der gewaltige Transfer nichts bewirkt. In diesem Jahr wächst die Wirtschaft in Ostdeutschland wohl stärker als im Westen. Das Straßenbild, das sich dem Betrachter in einigen ostdeutschen Städten schon heute bietet, wird er im Ruhrgebiet und anderen strukturschwachen Regionen Nordrhein-Westfalens lange suchen müssen so hübsch und modern kommen Potsdam, Leipzig oder Dresden daher. Aber reicht das? Richtig ist auch, dass es gerade im Nordosten ganze Landstriche gibt, die völlig veröden. Niemand weiß, wie viel Geld hier versickert ist, weil der Erfolg der diversen Förderprogramme nicht überprüft wird. Wie heißt es so schön: Viel hilft nicht immer viel. Immerhin ist der Solidarpakt II so gestrickt, dass die Subventionen schrittweise sinken und dann auch enden sollen. So lässt sich dem ungesunden Anspruchsdenken, das bei vielen Empfängern im Osten dominiert und jede Eigeninitiative hemmt, sanft entgegenwirken. Was fehlt, ist eine bessere Erfolgskontrolle. Und wenn es dann im Jahr 2019 noch immer spürbare Unterschiede zwischen West und Ost gibt? Dann ist das kein Beinbruch. Aus Solidarität resultiert zum Glück nicht automatisch lähmende Gleichmacherei.
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