LVZ: Der Einfältige und die Naive
Geschrieben am 10-10-2007 |
Leipzig (ots) - Von Anita Kecke Der einfältige Johannes traf die naive Eva. Der ZDF-Moderator hat zwar Quote gemacht, aber keine Pluspunkte gesammelt. Glaubte Johannes B. Kerner wirklich, die selbst ernannte neue Obermutter der Nation würde seinem Charme erliegen und ihre kruden Ansichten über die NS-Zeit revidieren? Wer Eva Herman in eine Talkshow einlädt, muss wissen, worauf er sich einlässt, das Gespräch souverän führen und die entsprechenden Gäste hinzubitten, die nicht nur auf Kopfschütteln aus sind, sondern die Runde sachlich und fachlich mit Niveau prägen können. Dem sonst so versierten Kerner gelang weder das eine noch das andere. Er bohrte sich immer tiefer ins Dritte Reich, führte so eine völlig überforderte Eva Herman vor und schaffte es nicht, zum eigentlichen Thema überzuleiten. Vielleicht hat er Herman mit dem freundlichen Hinauswurf wenigstens vor noch schlimmeren öffentlichen Verstrickungen bewahrt. Dass Eva Herman ausgerechnet das Dritte Reich, in dem die Mütter vor allem Nachwuchs für die Front produzieren sollten, heranzieht als Beispiel für vorbildliche Familienpolitik, zeugt von einer - gelinde gesagt - äußerst blauäugigen Geschichtsbetrachtung. Ihre seltsame Philosophie, Werte und Politik der NS-Zeit müssten getrennt werden, klingt reichlich kenntnisfrei. Die frühere TV-Moderatorin hat sich selbst diskreditiert. Es ist kaum zu glauben, dass ein Medienprofi sich derart unbedarft präsentiert. Ihre wirren historischen Thesen haben zudem leider das wichtige Thema Familie und Kindererziehung ins Abseits gedrängt. Dabei ist die Sicht Hermans, die sich besonders an den 68ern abarbeitet, deren antiautoritäre Erziehung und die Auflösung der Familienstrukturen beklagt, vor allem eine westdeutsche. Im autoritären DDR-System war die antiautoritäre Erziehung bekanntermaßen kein Thema. Offiziell wurde die Ehe hochgehalten und gefördert, etwa durch Kredite für Jungvermählte und bei der Wohnungsvergabe. Dennoch gab es viele Alleinerziehende. Und berufstätige Mütter waren eher Normalität als Ausnahme. Partnerschaft, Liebe, Familie rangieren heute bei den meisten auf der Werteliste weit vorn, auch bei Jugendlichen. Soziale Unsicherheit verstärkt die Sehnsucht, wenigstens in der Familie geborgen und anerkannt zu sein. Doch wie Familie definiert wird, wie Kinder zu erziehen sind, dazu muss heute niemand auf Ansichten von 1933 zurückgreifen. Eva Herman, die selbst zum vierten Mal verheiratet ist, einen Sohn hat und für die Berufstätigkeit immer selbstverständlich war, beklagt nun die fehlende Bemutterung. Diese Erkenntnis sei ihr unbenommen. Die gelebte Familienrealität indes ist heute vielfältiger denn je. Als einziger Maßstab für gute Elternschaft gilt längst nicht mehr die Rund-um-die-Uhr-Anwesenheit, schon gar nicht im Osten. Wichtig ist, dass Menschen Verantwortung füreinander übernehmen, dass Mütter ebenso wie Väter sich um den Nachwuchs kümmern. Doch all das zu diskutieren, dafür ließ Kerner keinen Raum.
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