Westdeutsche Zeitung: Ein Kapitel Industriegeschichte beendet = Von Ingo Faust
Geschrieben am 24-10-2007 |
Düsseldorf (ots) - Das VW-Gesetz, das die Wolfsburger bislang unter anderem vor dem Zugriff von "Heuschrecken" schützte, ist gekippt. Künftig gilt auch bei VW: eine Aktie, eine Stimme. Die Stimmrechtsbeschränkung auf 20 Prozent für jeden Aktionär ist aufgehoben. Das Land Niedersachsen, das bisher mit seinen Anteilen alles Einschneidende verhindern konnte, muss den staatlichen Schutzzaun abbauen. VW wird nach fast 50 Jahren ein ganz normales Unternehmen.
Mit dem Fall des VW-Gesetzes endet auch ein Stück deutsche Industriegeschichte. Und das ist, nachdem der Rheinische Kuschel-Kapitalismus bereits längst begraben ist, auch gut so. Das Modell Volkswagen, in dem die Versöhnung von Arbeit und Kapital propagiert wurde, hat sich überlebt. Zuletzt wurde es in Wolfsburg auch auf abstoßende Weise praktiziert. Die Nähe von Belegschaftsvertretung und Führung, die in gemeinsamen Lust-reisen zu Bordellen ihren Höhepunkt fand, hat schließlich zu den Skandalen geführt, die VW unter die Fittiche von Porsche brachten. Eine deutsche Edelautoschmiede ist aber immer noch besser als geldgierige ausländische Investoren, die Volkswagen filetiert und in Teilen meistbietend verkauft hätten.
Für die VW-Belegschaft, die sich lange Zeit über etwa 20 Prozent höhere Löhne als in der Branche üblich freuen konnte, brechen unter der Ära Porsche härtere Zeiten an. Porsche-Chef Wendelin Wiedeking, der den Zuffenhausener Sportwagenbauer einst vor der Totalpleite gerettet und zum profitabelsten Autobauer der Welt gemacht hat, wird im Auftrag der Familien Porsche und Piëch in Wolfsburg noch etliche alte Zöpfe abschneiden. Der Ton wird härter werden, umso mehr Anteile Porsche an VW hält. Erklärtermaßen soll es demnächst die Mehrheit sein. Am Ende hilft es aber auch den Wolfsburger Autowerkern, denn ihre Arbeitsplätze werden sicherer. Und das Comeback in die Oberliga der Autobauer steht bevor - vielleicht werden sogar die Japaner wieder überflügelt.
Zuvor wird vor dem Gericht in Braunschweig aber noch eine Menge schmutzige Wäsche beim Aufarbeiten der Skandale gewaschen werden. Das wird eine Weile für Negativschlagzeilen bei VW sorgen. Danach können die Wolfsburger aber mit Porsche zu neuen Ufern aufbrechen.
Originaltext: Westdeutsche Zeitung Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/62556 Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_62556.rss2
Pressekontakt: Westdeutsche Zeitung Wirtschaftsredaktion Telefon: 0211 / 8382-2371 redaktion.wirtschaft@westdeutsche-zeitung.de
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