Börsen-Zeitung: Der Realität entzogen, Börsenkommentar "Marktplatz" von Dieter Kuckelkorn
Geschrieben am 24-09-2010 |
Frankfurt (ots) - Auf den ersten Blick ist die konjunkturelle Lage
nicht so schlecht wie von vielen Ökonomen und Analysten befürchtet.
Der Ifo-Geschäftsklimaindex ist am Freitag deutlich über den
Erwartungen hereingekommen: Die Konsensschätzung der Ökonomen von
106,4 Zählen wurde mit einem tatsächlichen Wert von 106,8
übertroffen. Der Index ist damit erneut - wenn auch nur ganz leicht -
gestiegen, während ein Rückgang vorausgesagt worden war.
Auch in den USA fielen die Makrodaten zum Wochenausklang recht
freundlich aus. Die Auftragseingänge für langlebige Konsum- und
Investitionsgüter legten um satte 2% zu, wenn man die notorisch
volatilen Bestellungen aus dem Flugzeugsektor ausklammert. Am
Aktienmarkt hat sich daraufhin am Freitag Erleichterung breitgemacht.
Der Dax verzeichnete ein sattes Plus von 1,8%, nachdem er drei Tage
lang Verluste erlitten hatte. Und auch der Euro präsentierte sich
sehr fest. Er kletterte auf fast 1,35 Dollar. Weil der Greenback als
"sicherer Hafen" in Krisenzeiten gilt, könnte man die stärkere
Nachfrage nach Euro-Anlagen als Indiz für eine nun endlich zunehmende
Risikobereitschaft interpretieren.
Dass aus Sicht der Investoren dennoch nicht eitel Sonnenschein
herrscht, lässt sich an anderen Entwicklungen erkennen: So
verzeichnet der Goldpreis derzeit praktisch jeden Tag neue
Allzeithochs. Am Freitag notierte er erstmals über der Marke von 1300
Dollar je Feinunze. Nun muss ein großes Interesse der Anleger an dem
Edelmetall nicht in jedem Fall auf Krisenängste hindeuten. In den
vergangenen Jahren ist der Goldpreis auch häufig ein Spielball der
Spekulation gewesen. Aktuell scheint dies aber weniger der Fall zu
sein, weil noch andere Indikatoren darauf hindeuten, dass die Lage
von vielen Marktteilnehmern als durchaus ungemütlich angesehen wird.
So halten sich beispielsweise die Risikoaufschläge für irische
Staatsanleihen gegenüber den als besonders risikoarm eingestuften
Bundesanleihen hartnäckig auf sehr hohen Niveaus: Während die
Bundesrepublik 2,35% Rendite zahlen muss, wenn sie sich für zehn
Jahre Geld leiht, werden von Irland derzeit 6,6% verlangt, wenn man
die Notierungen am Sekundärmarkt zugrunde legt. Der Renditeabstand
zwischen den zehnjährigen Staatspapieren Irlands und Deutschlands ist
am Freitag mit 451 Basispunkten auf den höchsten Stand seit der
Euro-Einführung gestiegen.
Irland gilt als das schwächste Glied der Kette, wenn die
Schuldenkrise der Europäischen Union (EU) wieder hochkochen sollte.
Die Marktteilnehmer hegen starke Zweifel, ob die EU fähig oder
willens ist, das Land zu stützen, wenn dieses nicht mehr in der Lage
sein sollte, sich über den Markt zu refinanzieren. Erst in der
vergangenen Woche hat Irland zwar noch 1,5 Mrd. Euro aufnehmen
können. Allerdings waren die Konditionen aus Sicht des irischen
Staates so ungünstig, dass sich der irische Notenbank-Gouverneur zu
der Bemerkung veranlasst sah, es müssten die Sparpläne der Regierung
angesichts des ungünstiger werdenden Umfelds noch einmal überarbeitet
werden. Dabei hat der radikale Sparkurs Dublins und die Implosion des
irischen Bankensystems bereits jetzt drastische Auswirkungen. Im Jahr
2009 fiel das Bruttoinlandsprodukt (BIP) um 11% in sich zusammen.
Eine nachhaltige Trendwende ist noch nicht zu erkennen, denn auch im
zweiten Quartal 2010 wurde noch ein Rückgang des BIP verzeichnet.
Wie die US-Notenbank Federal Reserve jetzt durchblicken ließ, sind
auch in den USA die Dinge nicht zum Besten bestellt. Im Communiqué
zur Zinssitzung ihres Offenmarktausschusses ließ sie verlauten, dass
sie Gewehr bei Fuß steht, um die Konjunktur mit neuerlichen
quantitativen Maßnahmen zu stützen. Auch dies war zwar am Aktienmarkt
positiv aufgenommen worden, an den Geld- und Bondmärkten sind die
Investoren aber ins Grübeln gekommen. Wie schlimm muss es um die
US-Konjunktur wirklich stehen, darf man sich fragen.
Wie es scheint, hat sich der Aktienmarkt derzeit der trüben
Realität ein wenig entzogen. Sollten in der neuen Börsenwoche
US-Frühindikatoren wie der ISM-Index schwach hereinkommen, dürften
sich die jüngsten Kursgewinne wieder abbauen.
(Börsen-Zeitung, 25.9.2010)
Originaltext: Börsen-Zeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/30377
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_30377.rss2
Pressekontakt:
Börsen-Zeitung
Redaktion
Telefon: 069--2732-0
www.boersen-zeitung.de
Kontaktinformationen:
Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.
Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.
Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.
http://www.bankkaufmann.com/topics.html
Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.
@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf
E-Mail: media(at)at-symbol.de
291396
weitere Artikel:
- Neue OZ: Kommentar zu China / Japan Osnabrück (ots) - Die neue Schwäche
Der Streit zwischen Japan und China verschärft sich - wird aber
mit großer Wahrscheinlichkeit nicht eskalieren. Japan lenkt im
Zweifel ein. Obwohl es im Ostchinesischen Meer für beide Staaten um
viel geht: Bodenschätze, reiche Fischgründe und nicht zuletzt um das
Ansehen vor der Weltöffentlichkeit. Jahrzehntelang hat Japan im
östlichen Asien den Ton angegeben - besonders wirtschaftlich. Die
Demütigungen durch Japan im Ersten und Zweiten Weltkrieg haben die
Chinesen bis heute nicht vergessen. mehr...
- WAZ: James-Bond-Autobauer Aston Martin hat bei geplantem Börsengang keine Eile Essen (ots) - Der Luxus-Autobauer Aston Martin hat bei seinem
geplanten Börsengang keine Eile. "Wir haben lediglich eine Richtung
ausgegeben. Wir müssen nicht 2012 an die Börse gehen", sagte der Chef
des Herstellers der James-Bond-Autos, Ulrich Bez, den Zeitungen der
WAZ Mediengruppe (Samstagausgaben).
"Der Zeitpunkt wird auch von den Produkten bestimmt, die wir dann
haben." Es könne "durchaus sein, dass wir den Börsengang qualifiziert
machen" und Aston Martin dann nur zehn, 50 oder 100 Anteilseigner
habe, betonte der studierte mehr...
- Prominenz auf der IAA 2010 / Politiker informieren sich über Innovationen der Nutzfahrzeugbranche Hannover/Berlin (ots) - Bereits an den ersten drei Publikumstagen
haben zahlreiche Politiker aus Deutschland und der Europäischen Union
die 63. IAA Nutzfahrzeuge in Hannover besucht, darunter Christine
Lieberknecht (CDU), Ministerpräsidentin von Thüringen, der
niedersächsische Wirtschaftsminister Jörg Bode (FDP) sowie der
rheinland-pfälzische Wirtschaftsminister Hendrik Hering (SPD).
Christine Lieberknecht besuchte auf ihrem vierstündigen Rundgang
Unternehmen, die mit Produktionsstandorten in Thüringen vertreten
sind, so die mehr...
- Deutscher Nutzfahrzeugpreis auf der IAA verliehen / Wissmann: Alles tun, um den Transporter noch besser zu machen Hannover/Berlin (ots) - Für das Handwerk sind leichte
Nutzfahrzeuge wichtige Helfer im täglichen Geschäft: als "rollende
Werkstatt" oder für Transporte in städtischen Gebieten und im
ländlichen Raum. Bei der Verleihung des Deutschen Nutzfahrzeugpreises
2010/2011 auf der 63. IAA Nutzfahrzeuge betonte Matthias Wissmann,
Präsident des Verbandes der Automobilindustrie (VDA): "Für die
Nutzfahrzeugindustrie sind die Handwerker besonders wichtige Kunden.
Für sie wollen wir das Nutzfahrzeug so wirtschaftlich wie möglich
machen. Die hohe mehr...
- Der Tagesspiegel: Aktionärsschützer: Anleger sollten Penny-Stocks meiden Berlin (ots) - Berlin - Nach dem Skandal um Aktienmanipulationen
bei Wirecard und Conergy warnen Aktionärsschützer Privatanleger
davor, ihr Geld in so genannte Penny-Stocks zu investieren. "Die
Anleger sollten von solchen kleinen Werten die Finger lassen", sagte
Marco Cabras, Sprecher der Deutschen Schutzvereinigung für
Wertpapierbesitz (DSW), dem Tagesspiegel am Sonntag. Solche Werte
ließen sich leicht manipulieren. Die meisten Fälle blieben
unentdeckt, warnte Cabras. "An der Börse werden rund 5000 Aktien
gehandelt, die Finanzaufsicht mehr...
|
|
|
Mehr zu dem Thema Aktuelle Wirtschaftsnews
Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:
DBV löst Berechtigungsscheine von knapp 344 Mio. EUR ein
durchschnittliche Punktzahl: 0 Stimmen: 0
|