Börsen-Zeitung: Politische Pharisäer, Kommentar zur Diskussion über Banker-Boni von Bernd Wittkowski
Geschrieben am 28-09-2010 |
Frankfurt (ots) - Die politische Diskussion über "Millionenboni
für Staatsbanker" ist an Heuchelei kaum zu überbieten. Kämen die
Debattenbeiträge auf Stammtischniveau von der Opposition oder
irgendwelchen Hinterbänklern, müsste man sich ja nicht wundern. Doch
als Pharisäer tun sich keine Geringeren hervor als beispielsweise ein
finanzpolitischer Fraktionssprecher, ein Parteigeneralsekretär oder
ein Landesgruppenchef aus dem Regierungslager.
Mitarbeiter der am staatlichen Milliardentropf hängenden
Zombiebank Hypo Real Estate kassieren Prämien von 25 Mill. Euro. Und
in allen von der öffentlichen Hand gestützten Instituten zusammen
sollen zwei Hundertschaften Banker teils deutlich mehr als jene
500000 Euro im Jahr erhalten, die für Vorstandsmitglieder als
Gehaltslimit gelten. Na klar: Da kann dem geplagten Steuerzahler oder
dem mit 5 Euro mehr abgespeisten Hartz-IV-Empfänger schon mal das
Messer in der Tasche aufgehen. Man darf auch durchaus die Frage
stellen, ob Banker auf den oberen Ebenen gemessen an dem, was sie
leisten, nicht sowieso generell überbezahlt sind. Freilich sollte man
dabei nicht ganz aus dem Blick verlieren, dass diese Bezahlung etwas
mit Angebot und Nachfrage zu tun hat. Das nennt man Marktwirtschaft.
Die künstliche Aufregung in Berlin aber ist wohlfeiler Populismus.
Der Gesetzgeber hat zu Zeiten der großen Koalition die
Vorstandsbezüge in gestützten Banken gedeckelt, aber eben nicht die
Gehälter auf Ebenen darunter oder von stark umworbenen Spezialisten.
Dass solche Leute bisweilen weit mehr verdienen als Vorstände schon
in der Vorkrisenzeit, war bekannt. Dennoch hat das Parlament auf eine
weitergehende Regelung verzichtet. Zudem: Die Finanzaufsicht verfügt
seit 2009 über das Instrumentarium, gegen Banken vorzugehen, deren
Vergütungssysteme nicht "angemessen" erscheinen - ein Gummiparagraph,
der sich über das Kreditwesengesetz bis zur Abberufung von
Geschäftsleitern dehnen ließe. Die BaFin hat davon, soweit bekannt,
noch keinen Gebrauch gemacht. Boni für Staatsbanker sind offenbar
nicht per se verwerflich - mitunter wohl sogar notwendig, zumal man
auf hoch bezahlte Spezialisten gerade dann angewiesen sein dürfte,
wenn eine Bank von Grund auf restrukturiert werden muss.
Die politischen Pharisäer mögen das Publikum bitte mit weiteren
Vorschlägen etwa zu zusätzlichen gesetzlichen Gehaltsgrenzen oder gar
rückwirkenden Eingriffen in geltende Arbeitsverträge verschonen.
Originaltext: Börsen-Zeitung
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