iff-Überschuldungsreport 2010 zeigt Auswirkungen der Finanzkrise (mit Bild)
Geschrieben am 30-09-2010 |
Hamburg (ots) -
- Querverweis: Bildmaterial wird über obs versandt und ist
abrufbar unter http://www.presseportal.de/galerie.htx?type=obs -
Das Hamburger institut für finanzdienstleistungen e.V. (iff) legt
heute - unterstützt von der Stiftung "Deutschland im Plus" - bereits
zum vierten Mal den Überschuldungsreport vor. Das Kernergebnis: Die
Auswirkungen der Finanzkrise (Arbeitslosigkeit, Kurzarbeit) sind 2010
in den Haushaltskassen spürbar angekommen. Arbeitslosigkeit und
gescheiterte Selbstständigkeit waren in mehr als 40 Prozent der Fälle
die Auslöser für gravierende finanzielle Schieflagen in
Privathaushalten. Verglichen mit dem Vorjahr verzeichnen die
vorgenannten Ursachen bereits im vierten Quartal 2009 einen relativen
Anstieg von bis zu 10 Prozent. Damit wird deutlich, dass
Überschuldung zeitversetzt konjunkturelle Schwankungen abbildet. Die
Überschuldungsquote könnte frühestens Mitte 2011 wieder zurückgehen,
so sich der aktuell positive Trend auf dem Arbeitsmarkt fortsetzt.
Eine wirksame Arbeitsmarktpolitik ist damit auch gleichzeitig
Überschuldungsprävention.
Auch in Zeiten guter Konjunktur sind alleinlebende Erwachsene,
insbesondere Alleinerziehende stark gefährdet, in die Überschuldung
zu geraten. Auch bei Familien mit minderjährigen Kindern wirken sich
finanzielle Einbußen durch einen Jobverlust besonders kritisch aus
und lassen sich Engpässe besonders schlecht überwinden. Ein im
Vergleich zur Gesamtbevölkerung überproportional großer Teil der
Überschuldeten ist mit einem Pro-Kopf-Einkommen von durchschnittlich
836 Euro als arm zu bezeichnen und hat damit keinen Spielraum,
kurzfristige Liquiditätsengpässe abzufedern.
Finanzielle Bildung als Präventivmaßnahme muss ausgebaut werden
Initiiert und finanziert wird der Report von der Stiftung
"Deutschland im Plus", die sich für Überschuldungsprävention
engagiert. Schwerpunkt der Stiftungsarbeit sind neben Forschung und
Schuldnerhilfe Aktivitäten zur Finanziellen Grundbildung.
Stiftungsvorstand Michael-Burkhard Piorkowsky, Professor für
Haushalts- und Konsumökonomik an der Uni Bonn, betont die
Notwendigkeit präventiver Maßnahmen: "Die Initiativen zur
finanziellen Bildung schon im Schulalter müssen schnellstmöglich
systematisch ausgebaut und evaluiert werden. Nur ein aufgeklärter
Verbraucher kann die Vielzahl an Angeboten, sowohl was den Konsum,
als auch dessen Finanzierung betrifft, bewerten. Das beginnt schon
bei der Auswahl des passenden Handytarifs", so der Forscher.
Kuratoriumsvorsitzender Theophil Graband sieht in seiner Funktion
als Vorstandsvorsitzender von easyCredit das gesellschaftliche
Engagement seiner Bank bei 'Deutschland im Plus' richtig eingesetzt:
"Wir schaffen den volkswirtschaftlich sinnvollen Zugang zum Kredit.
Der Umgang damit liegt dann in der Hand des Kunden. Die Stiftung
nimmt mit ihrem Angebot den Verbraucher an die Hand und vermittelt
ihm das Wissen für einen verantwortungsvollen Umgang mit dem Kredit."
Graband will deshalb noch in diesem Jahr vier Millionen Euro für
finanzielle Bildung ausgeben. Die Hälfte davon soll als Zustiftung
das Kapital von "Deutschland im Plus" erhöhen, die anderen zwei
Millionen wird easyCredit über die Volksbanken Raiffeisenbanken für
regionale Projekte zur finanziellen Bildung zur Verfügung stellen.
Wie im Vorjahr beinhaltet der Überschuldungsreport auch eine
Analyse zu typischen Phasen des Überschuldungsprozesses,
Verhaltensmustern und Dauer des Prozesses. Mit volkswirtschaftlich
dramatischem Ergebnis: Durchschnittlich 14 Jahre vergehen vom ersten
Überschuldungsauslöser bis zur vollständigen wirtschaftlichen
Rehabilitation der Betroffenen. Teilweise sind noch erheblich längere
Verweildauern in Überschuldung zu beobachten. Davon entfallen sechs
Jahre im Insolvenzverfahren auf die Wohlverhaltensphase, die im
europäischen Vergleich viel zu lange dauert. Der
iff-Überschuldungsreport bestätigt die Notwendigkeit der
Gesetzesinitiative des Bundesjustizministeriums, das
Verbraucherinsolvenzverfahren auf 3 Jahre zu verkürzen. Die
angekündigte Verfahrensverkürzung bedeutet auch eine Angleichung an
den Standard in anderen europäischen Staaten.
Betroffene sollten rechtzeitig Hilfe suchen
Weiteres Ergebnis der Sonderauswertung: Ein großer Teil der
Betroffenen zögert zu lange, bis professioneller Rat bei einer
Schuldnerberatungsstelle eingeholt wird. Viele warten, bis sich die
Situation nach außen manifestiert hat: Bei 18 Prozent der
Überschuldeten kommt es zur Kündigung des Girokontos. Demgegenüber
sparen sich diejenigen, die frühzeitig Rat suchen, durchschnittlich
drei unproduktive und belastende Jahre in der Überschuldung. Eine
Enttabuisierung des Themas könnte hier hilfreich sein und die hohe
psychologische Belastung reduzieren.
Schuldenstruktur zeigt Altersunterschiede
Wie auch im Vorjahr betragen die Schulden eines überschuldeten
Haushaltes im Mittel über 33.000 Euro, zahlbar an durchschnittlich 13
Gläubiger. Bei 3 Mio. überschuldeten Haushalten ergeben sich
Gesamtschulden in Höhe von 110 Mrd. Euro. Je nach Alter der Schuldner
gibt es deutliche Unterschiede. Aufgrund der nur geringen Bonität
haben junge Leute eher geringere Schulden, da ihnen keine hohen
Kredite eingeräumt werden - sie sind allerdings mit deutlich mehr
Forderungen im Zahlungsrückstand als ältere Haushalte (15 vs. 8
Forderungen). Damit steigt die Gefahr, den Überblick über die
Gesamtverbindlichkeiten zu verlieren. Die höchsten Schulden finden
sich mit durchschnittlich 55.500 Euro hingegen in der Altersgruppe
der 55- bis 65-Jährigen. Bei Banken haben Überschuldete
durchschnittlich 17.800 Euro Schulden. Die Kredithöhe ist damit im
Vergleich zur Vorjahresstichprobe leicht (minus 3,5 Prozent)
rückläufig.
Mehr als jeder zweite überschuldete Haushalt (69 Prozent) hat
Schulden bei der öffentlichen Hand; auf alle gerechnet beträgt der
Rückstand dort durchschnittlich 4.300 Euro. Staatliche Stellen haben
damit ein Frühwarnsystem an der Hand, um Überschuldung zu erkennen -
und sie besitzen ein wesentliches Mittel, das helfen könnte, die
Manifestation der Überschuldung zu verhindern: den Verzicht auf
Forderungen. Denn ist die Überschuldung erst einmal eingetreten, muss
die öffentliche Hand auch entsprechende Kosten tragen.
Originaltext: Deutschland im Plus - Die Stiftung für private Überschuldungsprävention
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/71917
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Pressekontakt:
Deutschland im Plus. Die Stiftung für private
Überschuldungsprävention.
Sulzbacher Str. 2
D-90489 Nürnberg
Tel. +49 (0)911/9 23 49 50
Fax +49 (0)911/9 23 23 42
mailto:info@deutschland-im-plus.de
http://www.deutschland-im-plus.de
Vorstand: Dr. Christiane Decker (Vorsitzende), Prof. Dr.
Michael-Burkhard Piorkowsky (stellv. Vorsitzender), Philipp Blomeyer
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