Staatssekretärin Widmann-Mauz: "Für Investitionen in Qualität ist unternehmerisches Risiko notwendig"/ Mehr Transparenz erforderlich
Geschrieben am 27-10-2010 |
Berlin (ots) - "In Qualität zu investieren, birgt ein
unternehmerisches Risiko. Dennoch erwarte ich es von allen
Beteiligten im Gesundheitswesen: von Pharmaherstellern wie auch von
Krankenkassen." Das unterstrich Annette Widmann-Mauz,
parlamentarische Staatssekretärin im Bundesgesundheitsministerium, in
ihrer Rede auf der 3. Plattform Gesundheit des IKK e.V., der
Interessenvertretung der Innungskrankenkassen auf Bundesebene, die
gestern in Berlin stattfand. Unter der Überschrift "Die
Qualitätsfrage - Opfer von Wettbewerb und Geldmangel?" diskutierten
rund 150 Teilnehmer.
Widmann-Mauz stellte klar, dass Investitionen in Qualität seitens
der Krankenkassen in den kommenden zwei Jahren "etwas schwierig"
seien, weil die Verwaltungskosten gedeckelt würden. Diese Regelung
müsse unter Umständen mit Blick auf den Versicherten in ihrer
konkreten Formulierung noch einmal überdacht werden. Die
CDU-Politikerin forderte zudem "mehr Transparenz über die Qualität
als Grundlage für eine zukunftsgewandte Bezahlung von Leistungen."
Zur Versachlichung der Diskussion kündigte die Staatssekretärin ein
Gutachten an, dass das Gesundheitsministerium jetzt auf den Weg
bringen will. Dort sollen nationale und internationale Erfahrungen
für Bewertungen über Nutzen und Qualität zusammengetragen werden.
"Qualität und Wettbewerb müssen nicht im Widerspruch stehen", so das
Resümee der Staatssekretärin.
Auf mehr Transparenz verwies auch Hans-Jürgen Müller,
Vorstandsvorsitzender des IKK e.V. "Nur so können wir die Qualität
der Versorgung sichern", so Müller. Er zeigte sich überzeugt, dass
mehr Wissen um die Qualität der Leistung für mehr Wettbewerb und mehr
Wirtschaftlichkeit sorge.
"Qualität ist eine Win-Win-Situation", sagte Prof. Dr. Thomas
Mansky, Leiter des Fachgebietes Strukturentwicklung und
Qualitätsmanagement im Gesundheitswesen an der TU Berlin, der ein
selektives Kontrahieren mit den Besten forderte. Nach Aussage von
Mansky muss sich die Qualität für Patienten auf das Ergebnis
konzentrieren und nicht auf den Prozess. Mansky: "Beim Flugzeug
interessiert uns auch nicht, wie es gebaut wurde, sondern dass wir
sicher fliegen." Den zahlreichen Zertifizierungen in Sachen Qualität
erteilte Mansky eine Absage. "Bei vielen Zertifizierungen dreht es
sich nicht um die Qualität, sondern um die Sicherung des
Stellenplanes", kritisierte der Professor. Thomas Bublitz,
Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Deutscher Privatkliniken
e.V., verwies auf die anstehenden Bevölkerungsentwicklungen als
Herausforderung für die Krankenhäuser. "Das wird das Thema der
Zukunft in allen Fragen sein", sagte er. "Wir haben kein System der
Transparenz", stellte Wolf-Dietrich Trenner, Patientenvertreter im
Gemeinsamen Bundesausschuss fest. Als Ursache sieht er die fehlende
Vertrauensbasis zwischen Patienten und Leistungserbringern.
"Natürlich können Patienten die Qualität beurteilen", betonte
Trenner.
Dr. Dr. Heinz Theo Giesen, Geschäftsbereichsleiter Verträge der
Vereinigten IKK, berichtete, welchen Weg seine Krankenkasse gegangen
ist, um die Qualität der Versorgung der Versicherten zu verbessern.
Ein wichtiger Ansatz dabei ist gründliche Anamnese. Auch würde in
seinen Verträgen festgelegt, die Therapietreue der Patienten zu
verbessern. Patient und Arzt würden Ziele vereinbaren, wofür es einen
Qualitätsbonus gebe. Doch Giesen verwies auch darauf: "Wir brauchen
mehr Anreize für Qualität."
Dr. Rainer Hess, Vorsitzender des Gemeinsamen Bundesausschuss,
sieht besondere Anforderungen an sektorübergreifende Qualität.
Außerdem "wollen Patienten nicht die Information über die hundert
besten Ärzte, sondern Informationen über die Qualität der Kliniken in
ihrer Nähe".
Dr. Willi Oggier, Schweizer Gesundheitsökonom, benannte drei
Punkte für eine hochwertige medizinische Versorgung: Qualität sollte
Unterversorgung vermeiden und die Herausforderungen der Zukunft
meistern. Es fehlen aus seiner Sicht Studien zur Versorgung von
multimorbiden Patienten. Wichtig bei der Frage der Qualität sei vor
allem Vertrauen. Dies sei für ihn ausschlaggebender und wichtiger als
"die technische Qualität, wie Zahlen und Daten". Oggier: "Was die
Schweizer zu datenfeindlich sind, sind die Deutschen zu
datenfreundlich". Seine Forderung ist, dass die Krankenversicherungen
Informationen preisgeben sollten, wo Ärzte und ihre Angehörigen sich
behandeln lassen. Das sage viel über Qualität aus.
"Vertrauen schaffen wir durch Transparenz", betonte Dr. Axel
Munte, Vorstandsvorsitzender der KV Bayern. Es sei nicht sinnvoll,
Qualitätsmaßstäbe von oben nach unten durchzureichen. Sie müssten von
der Anwendungsbasis erarbeitet werden. Seine KV habe mittlerweile 17
Qualitätssicherungs-Programme für 20 Fachrichtungen auf den Weg
gebracht. Im Mittelpunkt stünden nach Aussage von Munte, ob
Medizingeräte brauchbar seien und regelmäßig gewartet würden. "Das
sind Qualitätssicherungsmaßnahmen, die einfach sind", so Munte. Genug
Geld im System sei nach seiner Einschätzung vorhanden. Das sieht auch
Patientenvertreter Trenner so.
Qualität müsse das Thema Nummer eins für den Erhalt des künftigen
Versorgungsniveaus sein, so fasste Rolf Stuppardt, Geschäftsführer
des IKK e.V., die Diskussion zusammen. Dies gelte in besonderem Maße
für die schnelle Integration wirklicher Innovationen. Dabei seien
Transparenz und Vertrauen wichtige Voraussetzungen
Über den IKK e.V.:
Der IKK e.V. ist die Interessenvertretung von Innungskrankenkassen
auf Bundesebene. Der Verein wurde 2008 gegründet mit dem Ziel, die
Interessen seiner Mitglieder und deren mehr als 4,5 Millionen
Versicherten gegenüber allen wesentlichen Beteiligten des
Gesundheitswesens zu vertreten. Dem IKK e.V. gehören die BIG direkt
gesund, die IKK Brandenburg und Berlin, die IKK classic, die IKK
gesund plus sowie die Vereinigte IKK an.
Originaltext: IKK e.V.
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Pressekontakt:
Pressesprecherin Fina Geschonneck,
Tel.; 030202491-11,
E-Mail: fina.geschonneck@ikkev.de
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