Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zur Wahl des CDU-Landesvorsitzenden
Geschrieben am 31-10-2010 |
Bielefeld (ots) - Nächster Schritt auf der Karriereleiter: Als
CDU-Landesvorsitzender im Ministerrang steigt Norbert Röttgen quasi
über Nacht zum ersten Stellvertreter von Bundeskanzlerin und
Parteichefin Angela Merkel auf. Ein neuer Guttenberg also. Mit ihrem
Votum haben die nordrhein-westfälischen Christdemokraten die
Hierarchie der Partei, ja der Union kräftig durcheinander gewirbelt.
Angela Merkel dürfte kaum uneingeschränkt erfreut sein. Im Umfeld der
Kanzlerin hatte man Röttgens Ehrgeiz zuletzt mit wachsendem Argwohn
betrachtet. Nun sitzt ein zweiter Konkurrent mit am Kabinettstisch.
Das Ergebnis ist überraschend klar ausgefallen, doch bis zuletzt
konnte sich Röttgen seines Erfolges nicht sicher sein. Zwar galt der
im Vergleich mit Armin Laschet bundespolitisch weitaus bekanntere und
mit allen Herausforderungen der Mediendemokratie vertraute 45-Jährige
lange als Favorit auf die Rüttgers-Nachfolge. Am Ende wäre ihm seine
Popularität aber fast zum Verhängnis geworden. Insbesondere bei der
Verlängerung der Atomlaufzeiten sah der Bundesumweltminister zuletzt
schlecht aus. Dass 52,8 Prozent der CDU-Mitglieder abgestimmt haben,
ist ein Erfolg für die Partei. Eine so hohe Mobilisierung war nur
sechs Monate nach der krachenden Wahlniederlage im Mai nicht
unbedingt zu erwarten. Der Patient NRW-CDU lebt noch. Ob und wie
schnell er wieder voll geschäftsfähig wird, liegt nun an Röttgen.
Ohne Zweifel ist dessen Wahl eine konsequente Entscheidung gegen die
Epoche Rüttgers. Die Basis setzt - auch personell - auf einen echten
Neuanfang. Laschet aber war als Integrationsminister von 2005 enger
Mitstreiter des ehemaligen Ministerpräsidenten und
Noch-Landesvorsitzenden. Vielleicht war das gar sein entscheidender
Nachteil. Ansonsten nämlich hat er wenig falsch und vieles richtig
gemacht. Dass sich Laschet konsequent als Landeslösung präsentierte,
schien anzukommen. Am Ende aber blieb sein Credo ungehört, der
CDU-Landeschef müsse sich voll und ganz auf die Oppositionsarbeit
konzentrieren, um die rot-grüne Minderheitsregierung von Hannelore
Kraft ablösen zu können. Nun stellt sich die Frage, wie es rund um
den neuen Vorsitzenden personell weitergeht. Röttgen muss sich sein
Team erst bauen. Grabenkämpfe sind nicht ausgeschlossen. Zu eindeutig
hatte der Fraktionsvorsitzende Karl-Josef Laumann für Laschet
Stellung bezogen. Und Andreas Krautscheids Zeit als Generalsekretär
dürfte schon bald zu Ende sein. Als Nachfolger ist bereits der
Ex-Verkehrsminister Oliver Wittke im Gespräch. Auch die
Arbeitsorganisation im Alltag wirft angesichts Röttgens
Doppelbelastung in Bundes- und Landespolitik Fragen auf. Für
Neuwahlen ist der neue CDU-Landeschef sicher ein starker
Spitzenkandidat. So lange Rot-Grün aber nicht stolpert, wird die
Oppositionsarbeit unter einem Parteivorsitzenden mit Ministeramt
nicht leichter.
Originaltext: Westfalen-Blatt
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Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261
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