Westdeutsche Zeitung: NRW wird beim Finanzausgleich zum Nehmerland = Von Frank Uferkamp
Geschrieben am 04-11-2010 |
Düsseldorf (ots) - Als Jürgen Rüttgers vor fünf Jahren
Ministerpräsident wurde, gab er ein ehrgeiziges Ziel aus:
Nordrhein-Westfalen werde in den kommenden Jahren Bayern einholen -
und zwar auf allen Feldern. Das ist krachend gescheitert. Sowohl bei
der Bildungspolitik, als auch bei den wichtigsten Wirtschaftsdaten
hinkt Nordrhein-Westfalen weit hinterher. Nun ist eine weitere
Wegmarke erreicht, die den Abstieg des alten Industriestandorts
markiert. Nordrhein-Westfalen ist vom Zahlmeister zum Nehmerland
geworden. Und es steht zu befürchten, dass daraus ein Dauerzustand
wird. Unter der schwarz-gelben Landesregierung hat NRW den Anschluss
an die Boom-Regionen verloren und ist zurückgefallen. Nach Lage der
Dinge ist es möglich, dass sich diese Entwicklung unter Rot-Grün
fortsetzt. Denn die aktuellen Zahlen bieten allen Anlass zur Sorge.
Sie belegen, dass im Jahr 1 nach der großen Finanz- und
Wirtschaftskrise die Steuerquellen wieder munter sprudeln. Auch NRW
wird davon profitieren, womöglich sogar im Milliardenbereich. Doch
bislang ist weder bei Ministerpräsidentin Hannelore Kraft noch bei
Landesfinanzminister Norbert Walter-Borjans erkennbar, wie dieses
Geld eingesetzt werden soll. Man müsste meinen, zur Eindämmung der
Neuverschuldung. Doch stattdessen stehen sowohl für dieses Jahr als
auch für 2011 Summen im Raum, die das Land bisher nicht kannte. Macht
Rot-Grün so weiter, verspielt es auf Dauer jeden Spielraum, mit dem
ein tatsächlicher wirtschaftlicher Strukturwandel hinzubekommen wäre.
Lediglich Geld in den Sozialbereich zu pumpen, ist auf Dauer zu wenig
und wird nicht dazu beitragen, NRW wieder in die Spitzengruppe der
Bundesländer zu führen. Unabhängig davon muss es eine offene
Diskussion über die Regeln beim Länderfinanzausgleich geben. Es kann
nicht sein, dass NRW dort als bedürftig eingestuft wird, gleichzeitig
aber auch Länder wie Sachsen. Das ostdeutsche Land verfügt über gute
bis sehr gute Wachstumsraten (wie mittlerweile auch Thüringen),
benötigt keine neuen Schulden, weist einen Bruchteil der
Pro-Kopf-Verschuldung von NRW auf und bekommt gleichwohl viele
Millionen Euro in diesem Jahr. Und das zahlen Steuerzahler an Rhein
und Ruhr mit.
Originaltext: Westdeutsche Zeitung
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