Neue OZ: Kommentar zu Konjunktur / Wirtschaftsweise
Geschrieben am 10-11-2010 |
Osnabrück (ots) - Weise und doch volksnah
Professoren, besonders Geisteswissenschaftler, gelten vielfach als
Neunmalkluge, die schöne Modelle für den Papierkorb entwerfen. Da
ergeht es den fünf Wirtschaftsweisen kaum besser. Auch auf ihr
jüngstes Gutachten ernteten sie aus der Bundesregierung umgehend
Widerspruch. So vertritt Wirtschaftsminister Brüderle die Ansicht,
dass vor der nächsten Bundestagswahl doch noch deutliche
Steuersenkungen beschlossen werden können. Damit mag der FDP-Minister
sogar recht haben. Denn gerade in Sachen Steuern hat sich ja
besonders krass gezeigt, wie weit Wahlversprechen und Wirklichkeit
auseinanderliegen.
Was Regierende wie Brüderle oder Kanzlerin Merkel allerdings
erkennen sollten, ist die Tatsache, dass die Fünf Weisen in den Augen
des Volkes so abgehoben gar nicht sind. Denn während Politiker etwa
bei der Lösung der Probleme im Gesundheitswesen weitgehend ratlos
sind, sprechen die Professoren mit ihrem Radikalvorschlag vielen
Versicherten aus der Seele. Deren wachsende Belastung sowie die
zunehmende Ungleichbehandlung von Patienten werden das System
irgendwann zusammenbrechen lassen. Dem Gerechtigkeitsempfinden folgen
die Wirtschaftsweisen auch, indem sie gleiche Bildungschancen für
Kinder aus allen sozialen Schichten fordern. Dabei ist es nicht ihr
Hauptmotiv, dem Bürger zu gefallen. Gerade deshalb sind sie
vermutlich volksnäher als viele Politiker.
Originaltext: Neue Osnabrücker Zeitung
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