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EU-Agrar-Reform zum besseren Schutz der Artenvielfalt nutzen / Gesetz für Erneuerbare Energien verantwortlich für Fehlentwicklungen in der Landwirtschaft

Geschrieben am 11-11-2010

Hamburg (ots) - Vertreter aller Bundestagsfraktionen sehen Chancen
für mehr Biodiversität-Schutz in der Gemeinsamen Europäischen
Agrarpolitik (GAP) nach 2013 / Michael Otto Stiftung für faire
Bezahlung der Landwirte für ihre nachhaltige Beteiligung am Erhalt
der Biodiversität

Berlin/Hamburg, 11. November 2010 - Die im Vorfeld der nächsten
EU-Finanzperiode von 2014 bis 2019 anstehenden Entscheidungen bieten
die große Chance, die Rolle der Landwirtschaft als maßgebliche Größe
zur Erhaltung der Artenvielfalt neu zu definieren. Dabei dürfen die
Ergebnisse der Weltnaturschutzkonferenz in Nagoya nicht außer Acht
gelassen werden. Zu diesem Schluss kamen Vertreter nahezu aller
Parteien auf dem gestrigen Parlamentarischen Abend der Michael Otto
Stiftung in der Landesvertretung Hamburg in Berlin. Ausgangspunkt des
Diskurses war das von Prof. Dr. em. Ulrich Hampicke vom Institut für
Botanik und Landwirtschaftsökologie in Greifswald im Auftrag der
Michael Otto Stiftung verfasste Fachgutachten. Danach sind zwischen
1,5 und 1,8 Milliarden Euro jährlich an Ausgleichszahlungen für die
Landwirtschaftsbetriebe notwendig. Mit dieser Summe könnten laut
Fachgutachten 2,3 Millionen Hektar oder 15 Prozent der Agrarfläche in
Deutschland naturnah bewirtschaftet werden. Da sich der Großteil der
zu schützenden Biodiversität auf Agrar-Flächen befindet, müssen die
Landwirte nach Auffassung der Michael Otto Stiftung mit ihren
materiellen Interessen ernst genommen und für ihre nachhaltige
naturnahe Bewirtschaftung fair entlohnt werden.

Dr. Wilhelm Priesmeier, Sprecher für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz der SPD Bundestagsfraktion, sieht den Druck auf die
Agrarpolitik größer werden, weil sie vor dem Steuerbürger angesichts
der leeren Kassen immer schwerer vertretbar sei. Künftig sollten alle
Zahlungen an Landwirte qualifiziert werden und transparent sein. Die
EU-Agrarreform sei ein guter Zeitpunkt für eine Richtungsänderung:
"Wir müssen uns entscheiden, ob wir den Status Quo erhalten wollen
oder Teile von dem zurückgewinnen wollen, was wir verloren haben."

Für Friedrich Ostendorff, selbst Bio-Landwirt und
Bundestagsabgeordneter von Bündnis 90/Die Grünen und Mitglied des
Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, ist
mehr Öko-Landbau das Mittel für die Erhaltung der Biodiversität. Er
sieht "die größte Aufgabe darin, den Grünland-Schwund aufzuhalten.
Selbst Allerwelts-Arten werden immer weniger". Deshalb habe die
Klärung der Frage Vorrang, wie der Artenschutz in der Fläche
hinzubekommen sei, da dies die einzige Möglichkeit zur Erhaltung der
Artenvielfalt sei.

Für die Sprecherin für Landwirtschaftspolitik der
Bundestagsfraktion Die Linke, Dr. Kirsten Tackmann, stehen
"kostendeckende Erzeugerpreise für Nahrungsmittel" im Vordergrund.
Man müsse von landwirtschaftlicher Arbeit auch leben können. Dringend
sei, Betriebe in Ostdeutschland zu stabilisieren, die Opfer von
Landspekulationen sind. Künftig sollten Direktzahlungen an Landwirte
an die Schaffung von fünf bis zehn Prozent der bewirtschafteten und
bezuschussten Fläche als Biotop-Flächen gekoppelt sein.

Die FDP-Ernährungsexpertin Dr. Christel Happach-Kasan forderte
"sehr viel mehr Ursachenforschung und eine stärkere
naturwissenschaftliche Ausrichtung des Ökolandbaus", um die
Wechselwirkungen zwischen Landwirtschaft und Artenvielfalt besser
dokumentieren zu können. Deutlich wurde sie in Bezug auf die vielen,
heute sichtbaren Veränderungen in der Landwirtschaft wie etwa
Mais-Monokulturen als Folge des Gesetzes für Erneuerbare Energien:
"Das ist eine Fehlentwicklung." Bei der Produktion von Biomasse könne
nicht nur auf Mais gesetzt werden. Zudem wünscht sie sich, in Zukunft
die Beeinträchtigung von Natur nicht an der Fläche zu bemessen,
sondern an Produktionseinheiten agrarischer Produkte. Dann würden
Zusammenhänge besser klar.

Johannes Röring, CDU/CSU, Mitglied des Europarats und des
Ausschusses für Landwirtschaft, sieht die Aufgabe nicht in einer
weiteren Extensivierung, sondern in einer Effizienzsteigerung. Nur so
könnten andere Flächen erhalten werden. Das Problem der
Landwirtschaft sei immer mehr, dass "die Preisfindung global
stattfindet, der Absatz aber meist regional" organisiert ist. Für ihn
sei das Prinzip "Naturschutz durch Nutzung" der richtige Weg.
Voraussetzung sei aber, dass diese gesamtgesellschaftliche Aufgabe,
die die Landwirtschaft übernimmt, entsprechend honoriert wird.

Prof. Dr. em. Ulrich Hampicke hob die systemischen Vorteile des
Ökolandbaus hervor, da diese durch die Menschen, die ihn betreiben,
erhöht würden, da sie sich neben der Produktion von Lebensmitteln
auch dem Naturschutz verpflichtet fühlen. Im Ökolandbau müsse man
jedoch wegkommen von der Pauschalförderung. Hampicke betonte,
Deutschland habe rechtliche und gesetzliche Pflichten, Biodiversität
zu erhalten: "Da kann es nicht angehen, dass beste Böden versiegelt
und zweckentfremdet genutzt werden."

Die Michael Otto Stiftung sieht in der EU-Agrarreform eine große
Chance, durch eine ziel¬gerichtete Agrar-Förderpolitik mit starken
Marktanreiz-Instrumenten die Basis für eine nachhaltige Umsteuerung
zu schaffen. Um die EU-Verhandlungen zur Agrarreform positiv zu
beeinflussen, muss eine gemeinsame Zielentwicklung unter Einbeziehung
aller Akteure - von Bund, Ländern, Landwirten und Naturschützern -
erarbeitet werden. Dafür sind innovative Zahlungssysteme und eine
deutliche Verminderung der Bürokratie notwendig.

Originaltext: Michael Otto Stiftung für Umweltschutz
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/77764
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_77764.rss2

Pressekontakt:
Yvonne Buckreus, Geschäftsleitung Michael Otto Stiftung
Tel. 040/64 61 64 52, Mobil 0151/17 15 29 66


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