Westdeutsche Zeitung: Ruf nach Bürgerversicherung birgt Tücken - auch für die Partei = von Martin Vogler
Geschrieben am 21-11-2010 |
Düsseldorf (ots) - Wenn einst Grüne einen Systemwechsel forderten,
nahm man das zur Kenntnis - aber selten ernst. Heute, da sich die
Organisation auf dem Weg zur Volkspartei und zum Erobern politischer
Spitzenämter wähnt, sieht das anders aus. Ihr Bekenntnis zum
Systemwechsel, wie sie es in der Gesundheitspolitik abgegeben hat,
hat Gewicht. Dass die Grünen - anders als die SPD - ihre Pläne zur
Bürgerversicherung stark konkretisieren, lässt vermuten, dass bei
ihnen das Konzept weit gereift ist. Allerdings scheint ein Teil der
Grünen die Gefahr auszublenden, mit solchen Vorschlägen rasch die neu
gewonnene Wählergunst wieder verlieren zu können. Die vielen
Freiberufler, Selbstständigen und qualifizierten Angestellten und
Beamten, die sich bislang von den Grünen gut vertreten fühlen, ticken
möglicherweise anders als die Fundamentalisten in der Partei. Sie
könnten eine Verhinderung der Münchner Olympia-Bewerbung genauso übel
nehmen wie für sie negative Veränderungen bei ihrer
Krankenversicherung. Dennoch scheinen die Grünen entschlossen, die
Bürgerversicherung durchzudrücken. Sie haben dafür das wirklich
starke Argument, dass es für das Problem der ständig steigenden
Gesundheitskosten derzeit keine überzeugende Lösung gibt. Ihre Idee:
Alle Bevölkerungsgruppen, auch Besserverdiener und Beamte, müssen in
eine Einheitsversicherung, und die Beitragsbemessungsgrenze steigt
drastisch von 3750 auf 5500 Euro. Allein Letzteres würde bedeuten,
dass rund acht Millionen Versicherte mehr als bisher bezahlen müssen.
Das wären nicht nur Spitzenverdiener, weil ja alle Zins- oder
Mieteinnahmen zur Berechnung der Beiträge herangezogen würden. Die
Nachteile sind rasch auf den Punkt gebracht: Viel Verärgerung, neuer
bürokratischer Aufwand und ein Mehr an Staat in unserer Gesellschaft.
Tödlich wäre die Bürgerversicherung für die rund 50 privaten
Krankenversicherungen in Deutschland. Zwar würden voraussichtlich die
dort Versicherten nicht zwangsweise in die Bürgerversicherung
überführt. Doch neue Mitglieder kämen nicht mehr dazu. Das hätte
nicht nur das absehbare Ende dieser Geschäftssparte zur Folge,
sondern wegen der Überalterung der Klientel auch exorbitante Beiträge
für die Restmitglieder.
Originaltext: Westdeutsche Zeitung
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