HAMBURGER ABENDBLATT: Inlandpresse, Hamburger Abendblatt, Kommentar, Wikileaks-Enthüllungen
Geschrieben am 29-11-2010 |
Hamburg (ots) - Die Welt der Hinterzimmerpolitik, so viel ist
spätestens seit der dritten WikiLeaks-Enthüllung in diesem Jahr klar,
wird nie mehr sein wie bisher. Behandelten die Dossiers über
Afghanistan und den Irak vor allem US-Interna, ist von den jüngsten
Akteneinsichten aus dem State Department nun der halbe Erdball
betroffen: Politiker von Italien bis Venezuela, ihre Entourage,
Medien, Wahlvolk. Mögen sich die Staatschefs beflissen die Hände
schütteln - WikiLeaks zeigt, was man wirklich voneinander hält. Und
die Lecks sind überall. Das ist nicht nur ein Affront für die
Diplomatie, sondern zugleich eine Zäsur für die Kultur des
Inoffiziellen. Das gute alte Geheimtreffen existiert nur noch auf dem
Papier. Schuld daran ist das Internet. Sobald Mitschriften interner
Absprachen online und in Datenbanken abrufbar sind, gelten sie von
nun an als potenziell WikiLeaks-fähig. Sicher, Geheimnisverrat gibt's
seit Adam und Eva, nur war die Kontaktaufnahme zu den geeigneten
Medien bisher nicht immer leicht. Heute können sich im Zweifelsfall
auch Aushilfskräfte Zugriff auf heikle Daten via Computer beschaffen,
alles Weitere geht mit ein paar Klicks - und ganz anonym. Die
Konsequenzen sind aus medialer Sicht zunächst so unterhaltsam (was
wird Westerwelle wohl Guttenberg beim nächsten Vier-Augen-Gespräch
sagen?) wie erhellend. Dass sich gleich mehrere arabische Staaten
hinter den Kulissen für einen Militärschlag gegen Iran einsetzen oder
dass führende Politiker in China ein vereintes Korea unter
Süd-Führung erwägen, um Kim-Jong-il loszuwerden, sind schlicht
hochinteressante Neuigkeiten. Brenzlig wird es, wenn
geheimdienstliche Aktivitäten tangiert und Menschenleben bedroht
werden. Die Frage, wie die Welt sich hierbei strafrechtlich wappnet,
zählt zu den drängendsten der nahen Zukunft. Der größte
WikiLeaks-Einschnitt aber betrifft den politischen Diskurs per se.
Die Obamas, Putins und Merkels können weniger denn je sicher sein,
dass die alte Grenze zwischen "öffentlich" und "off the record" noch
ihrer Kontrolle unterliegt. Sie könnten nun ihr Heil in noch mehr
Verheimlichung suchen, doch dies wäre in etwa so aussichtsreich wie
der Kampf der Musikindustrie gegen illegale Downloads. Besser, sie
ergreifen die Flucht nach vorn. Der neue kategorische Imperativ der
WikiLeaks-Ära könnte lauten: Sage stets, was du wirklich denkst, denn
es kommt eh irgendwann raus. Das große Versprechen des Internets,
mehr Transparenz, kommt auf die Art vielleicht doch noch zu seinem
Recht.
Originaltext: HAMBURGER ABENDBLATT
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Dr. Christoph Rind
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Hamburger Abendblatt
Ressortleiter Meinung
Axel-Springer-Platz 1
20350 Hamburg
Tel.: +49 40 347 234 57
Fax: +49 40 347 261 10
Mobil: +49 175 722 30 73
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