Börsen-Zeitung: Rätselhaft vertraut, Kommentar zum Euro von Georg Blaha
Geschrieben am 30-11-2010 |
Frankfurt (ots) - Beim Blick auf den Devisenmarkt kann man leicht
ein Déjà-vu-Erlebnis bekommen. Irgendwie hat man das alles schon mal
gesehen: Anleger stoßen Euro ab und flüchten in die als sicher
geltenden Währungen Dollar, Yen und Schweizer Franken. Dass der
Goldpreis in Euro notiert auf einen Rekordstand gestiegen ist, trägt
zur rätselhaft vertrauten Panikstimmung nur noch weiter bei.
Es ist sicher nicht verkehrt, den Vergleich zur Griechenland-Krise
vom Frühjahr zu suchen. Damals rasselte der Euro auf 1,1875 Dollar
herunter. Doch auch wenn die Trends derzeit ähnlich sind, ist das
Ausmaß der neuen Schuldenkrise um Irland und die anderen
Peripherieländer ein anderes. Es spricht einiges dafür, dass der Euro
sein aktuelles Niveau um 1,30 Dollar halten, wenn nicht sogar
ausbauen wird: Die Déjà-vu-Erfahrung wäre damit deutlich verkürzt.
Gewiss, das EU-Rettungspaket für Irland ist mit vielen Fragezeichen
behaftet. Deshalb konnte es weder die Devisen- noch die Bondmärkte
beruhigen. "Unsicherheit durch Kleingedrucktes", fasste eine
Investmentbank die Situation zusammen. Dass Griechenland nebenbei
mehr Zeit eingeräumt wird, die Hilfskredite aus der EU
zurückzuzahlen, dürfte auch nicht gerade zur Zuversicht an den
Märkten beigetragen haben. Und eine weitere Ausbreitung der Krise auf
die größeren Euro-Länder Spanien und Italien würde den Euro stark
belasten.
Doch es ist zunächst einmal wichtig anzuerkennen, dass die
Eurozone nicht nur aus Problemstaaten besteht. Der Währungsraum als
Ganzes hat dank der Kernländer, allen voran Deutschland, durchaus
passable Wachstumsperspektiven, die eine Stützung der schwächeren
Mitglieder möglich machen - und damit eine Stabilisierung der
gesamten Region. Für den Euro-Dollar-Kurs bedeutender ist jedoch der
Verschuldungsgrad der USA, an den an dieser Stelle erinnert werden
soll. Der Bundeshaushalt, gegen den die Eurozone immer gemessen wird,
ist nur ein Teil davon. Der Haushalt vieler US-Bundesstaaten steht in
puncto Neuverschuldung und Fehlbeträgen in der Kasse den schwächsten
Euro-Mitgliedern in nichts nach. Irgendwann in nicht allzu ferner
Zukunft werden das auch die Devisenmärkte kapieren, die gerne
vermeintlich irrelevante Faktoren ausblenden. Spätestens dann geht es
für den Euro wieder aufwärts.
Originaltext: Börsen-Zeitung
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www.boersen-zeitung.de
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