Westdeutsche Zeitung: Reform ist für die Fifa ein Fremdwort = Von Christoph Fischer
Geschrieben am 01-12-2010 |
Düsseldorf (ots) - Das Internationale Olympische Komitee reagierte
unter dem damaligen spanischen Präsidenten Juan Antonio Samaranch
erst, als der Bestechungsskandal um die Vergabe der Olympischen
Winterspiele 2002 an Salt Lake City nicht mehr zu vertuschen war. Die
aktuelle Situation des Fußball-Weltverbandes Fifa ist vergleichbar.
Zwei Exekutivmitglieder sind suspendiert, aber die dringend
notwendige strukturelle Reform des Gremiums steht aus. Fifa-Präsident
Joseph Blatter aus der Schweiz geht es ohnehin nur darum, im nächsten
Jahr nochmals im Amt bestätigt zu werden. Ohne tiefgreifende
personelle Erneuerung der Exekutive kann Blatter von einem positiven
Votum ausgehen. Bemerkenswert an den gegenwärtigen Versuchen, das
Problem auszusitzen, bleibt die Tatsache, dass bei den suspendierten
Mitgliedern nach anderen Kriterien entschieden wurde als bei drei
weiteren, die ebenfalls unter Verdacht standen, aber verschont
blieben. Darunter der ebenso mächtige wie umstrittene Brasilianer
Ricardo Texeira. Blatter setzt smart auf Zeit und erklärte das
Problem für erledigt. In der Fifa entscheiden heute 22 alte Männer
über die zwei Milliardengeschäfte 2018 und 2022. Neue Märkte, neue
Potenziale, neues Image sind die alten Ziele. Und deshalb gelten
Russland für 2018 und Katar für 2022 als Favoriten, nicht England und
die USA. Egal, wie die Wahl heute ausgeht, die Glaubwürdigkeit des
Weltverbandes Fifa ist längst nachhaltig erschüttert. "Aufräumen"
fordert die Anti-Korruptions-Organisation Transparency International
nachvollziehbar. Es geht längst nicht mehr nur um Köpfe, sondern um
die Strukturen einer Organisation, die im kleinen Kreis immer noch
über das große Geld entscheiden kann. Es gibt keine Kontrollgremien,
es gibt nur die Ankündigung einer Anwältin, die Vergabe anzufechten,
wenn sich herausstellen sollte, dass ihr Mandant Reynald Temarii aus
Tahiti zu Unrecht suspendiert worden ist. Wladimir Putin verurteilte
als einziger "Schmutzkampagnen gegen die Fifa" und fährt nicht nach
Zürich. Aus Achtung vor der Unabhängigkeit des Weltverbandes, wie der
russische Ministerpräsident fast unterwürfig argumentiert. Dieser
Schachzug soll Russland die WM 2018 bringen. Nichts anderes will
Putin.
Originaltext: Westdeutsche Zeitung
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