Börsen-Zeitung: Spiel der großen Zahlen, Kommentar zum Credit-Markt von Kai Johannsen
Geschrieben am 01-12-2010 |
Frankfurt (ots) - Was sich gestern am Markt für die staatlichen
Kreditrisiken abgespielt hat, sieht man nicht alle Tage. Die Spreads
der Absicherungskontrakte Credit Default Swaps (CDS) engten sich
enorm ein, d.h. die Absicherungskosten gingen erheblich zurück. Für
die Absicherung portugiesischen Staatskreditrisikos mussten noch 477
Basispunkte (BP) und damit sage und schreibe 75 BP weniger als am
Vortag bezahlt werden. Das entspricht einer Reduktion um mehr als
13%, und das bei einem EU-Land, das am Markt als nächster
Rettungskandidat eingestuft wird. Eine ähnliche Größenordnung war bei
der Spread-Einengung der Spanien-CDS zu beobachten. Auch die CDS
anderer Peripheriestaaten handelten mit deutlich engeren Spreads.
Hinter den enormen Marktbewegungen hin zu deutlich geringeren
Absicherungskosten stand nur eine einzige Spekulation, die den
gesamten Markt in Aufruhr versetzte: Die Europäische Zentralbank
(EZB) und die nationalen Zentralbanken der Eurozone werden
möglicherweise ihr Volumen an Staatsanleihekäufen ausweiten, und zwar
drastisch. Am Markt begann bereits das Spiel der großen Zahlen. Es
wurde schon das Wort Billion in den Mund genommen. Dahinter steht die
Spekulation, dass die EZB zusammen mit den Notenbanken über gewaltige
Aufkaufvolumina für eine endgültige Beruhigung der Märkte in Sachen
Staatsschuldenkrise sorgen könnte. Dafür müsste es aber wahrlich
schon ein riesiges Ankaufprogramm sein.
Die Verunsicherung war ausgesprochen hoch. Wie viele Banken
offenbar auf einen derartigen Schritt der EZB setzten, war noch
andernorts abzulesen, nämlich bei der Aufstockung einer fünfjährigen
Bundesobligation. Die Banken hielten zwar nicht gerade die Taschen
zu, aber angesichts der nervösen Marktsituation hatte der Bund erneut
eine Unterdeckung zu verkraften: Die Gebotsvolumina der Institute
lagen unter dem Emissionsvolumen. Es ist nun schon die zweite
Unterdeckung bei einer Auktion von Bundeswertpapieren innerhalb von
nur einer Woche. So etwas hat es noch nie gegeben. Ohne Frage leitet
sich daraus für den Bund kein Gefahrenszenario ab, denn bei einem
Gesamtemissionsvolumen von 312 Mrd. Euro in nominalen Anleihen des
Bundes in diesem Jahr entspricht die Unterdeckung gerade einmal 0,14%
des Jahresvolumens. Eine deutliche Sprache hinsichtlich der
Marktunsicherheit spricht der Vorfall aber allemal.
Originaltext: Börsen-Zeitung
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