BERLINER MORGENPOST: Geld gehört an Schulen, nicht an die Jobcenter - Leitartikel
Geschrieben am 03-12-2010 |
Berlin (ots) - Das Geschacher geht weiter. So wie es aussieht,
wird die Reform des Hartz-IV-Gesetzes nicht wie geplant am 1. Januar
in Kraft treten. Denn die SPD wird im Bundesrat das Vorhaben
aufhalten. Und auch die Grünen, auf deren Stimme als Juniorpartner
der saarländischen Landesregierung es in der Länderkammer
entscheidend ankommt, werden wohl Nein sagen. Aus Berliner Sicht kann
man nur hoffen, dass es noch Korrekturen geben wird. Dabei geht es
nicht um die umstrittene Berechnung des Regelsatzes für Kinder oder
die Frage, ob nun fünf Euro mehr pro Monat für Erwachsene gerecht
sind oder nicht. Wichtiger für die Hartz-IV-Hauptstadt ist das
Bildungspaket zur Förderung armer Kinder. Was Bundesarbeitsministerin
Ursula von der Leyen (CDU) in bester Absicht auf den Weg bringen
will, halten Praktiker sowohl in den Jobcentern als auch in den
Kommunen für ein Desaster. Wenn die Bundesregierung ihre
Verantwortung für Kinder von Hartz-IV-Empfängern wahrnimmt, ihnen
Sportverein, Nachhilfe, Musikkurs und Schulessen finanziert, ist das
zwar zu loben. Aber das Geld über die schon mit der Betreuung der
Langzeitarbeitslosen oft überforderten Jobcenter zu leiten, ist
unsinnig. Die Mitarbeiter dort geben selber zu, dass sie keine Ahnung
von der Förderung von Kindern haben. In ihrer Not schaffen sie
Antrags- und Vertragsungetüme. Die Klagewelle bei den Sozialgerichten
wird anschwellen. 740 Millionen Euro Fördergeld mit einer 130
Millionen Euro teuren Verwaltung unter die Leute zu bringen, ist ein
Missverhältnis, das jedem Bekenntnis zum Bürokratieabbau Hohn
spricht. Das ganze Manöver ist der Angst vor dem Föderalismus
geschuldet. Die Arbeitsministerin nimmt den komplizierten Umweg über
die Jobcenter, weil die Bundesregierung sich angeblich nicht direkt
an den Schulen, die Ländersache sind, einmischen darf. Dabei wäre es
viel einfacher, den Kommunen als Schulträgern Geld für das Schulessen
für Hartz-IV-Kinder zu überweisen oder Schulen mit einem hohen Anteil
armer Kinder aus einem Sonderfonds Geld zu geben, damit sie
qualifizierte Nachhilfe für Problemschüler anbieten können. Auch
Sportkurse und Musikunterricht kann niemand besser zuweisen als die
Lehrer, die jeden Tag mit den Kindern arbeiten und die auch in von
der Leyens Jobcenter-Modell gefordert sind, in ausufernden Gutachten
darzulegen, warum ausgerechnet Michael oder Achmed einen Gutschein
für Sport, Musik oder Nachhilfe erhält. Der Ministerin fehlt die
Perspektive einer sozial schwer belasteten Großstadt. In Berlin
kommen auf jedes Jobcenter mehrere 10.000 arme Kinder. Wie die
Mitarbeiter den politisch gewünschten Ansturm bewältigen sollen, wenn
sie gleichzeitig noch die Arbeitslosen besser für reguläre Jobs
qualifizieren und die zu hohe Fehlerquote bei den zugestandenen
Leistungen zurückfahren müssen, weiß niemand. Aber die Bundespolitik
lernt offenbar nichts. Erst führte Rot-Grün die Hartz IV-Reform in
einer Hau-Ruck-Aktion ein und sorgte wegen der vielen Anlaufprobleme
und sinnlosen Beschäftigungsmaßnahmen für enormen Frust unter den
Arbeitslosen. Schwarz-Gelb wiederholt denselben Fehler. Diesmal mit
den Kindern.
Originaltext: BERLINER MORGENPOST
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