Westfalen-Blatt: Das Westfalen-Blatt (Bielefeld) zur Pisa-Studie:
Geschrieben am 07-12-2010 |
Bielefeld (ots) - Alle drei Jahre wieder kurz vor oder nach dem
Nikolaustag öffnet die Organisation für wirtschaftliche
Zusammenarbeit (OECD) ihren Pisa-Sack. Darinnen findet sich allerlei
Lob für die braven Bildungsstaaten, doch auch das Buch der Sünden
wird aufgeblättert. Gleich bei der Premiere im Jahr 2001 kam es
knüppeldick. Die OECD schwang die Rute, Deutschland versank vor Scham
im Boden. Nie wieder, so schworen die gescholtenen Bildungspolitiker,
wollte man sich dermaßen blamieren. Drei Studien später fällt die
Bescherung nicht mehr gar so verheerend, aber immer noch nicht
zufriedenstellend aus. In Mathematik und Naturwissenschaften hat
Deutschland zur Spitzengruppe aufgeschlossen, doch beim Lesen kommen
viele 15-Jährige im Land der Dichter und Denker noch immer nicht auf
einen grünen Zweig. Die soziale Schieflage ist nicht mehr ganz so
steil, doch immer noch rutschen vor allem Kinder aus
Migrantenfamilien über den Rand des Bildungssystems. Was also tun?
Noch mehr büffeln lassen? Noch mehr testen? Bitte nicht! Niemand, dem
das Wohl der Jugend am Herzen liegt, wird sich ernsthaft die
OECD-Musterschüler Shanghai, Singapur, Hongkong oder Südkorea zum
Vorbild nehmen, wo Schule vor allem aus Drill besteht. Schule soll
Persönlichkeiten heranreifen lassen, keine faktenspuckenden
Automaten. Oder, wie es NRW-Schulministerin Sylvia Löhrmann
formuliert: »Nicht Fächer werden unterrichtet, sondern Kinder.« Warum
aber belastet die Ministerin dann die Gymnasien mit einer unsinnigen
Diskussion über eine in der Praxis kaum mögliche Rückkehr zum Abitur
nach Klasse 13? Warum führen die Parteien eine Ideologiedebatte um
die Gemeinschaftsschule, wenn die Schulstruktur doch nur geringen
Einfluss auf den Bildungserfolg hat? Vielleicht deshalb, weil echte,
nutzbringende Verbesserungen sich nicht auf Wahlkampfslogans
reduzieren lassen. Was den Schulen und damit den Schülern wirklich
helfen würde, hat die Unternehmensberatung McKinsey gerade bei
Pisa-Gewinnern wie dem Bundesland Sachsen erforscht. Ergebnis: Die
meisten Früchte tragen jene Reformen, die den Unterricht und damit
die Art und Weise des Lernens und Lehrens verbessern. Lehrer, die
gegenseitig Unterrichtsstunden besuchen und Methoden und Ziele
absprechen; Universitäten, die höhere Anforderungen an
Lehramtskandidaten stellen und sie frühzeitig Praxiserfahrungen
sammeln lassen - das sind nur einige Bausteine zum Erfolg. Fördern
und Fordern: Dieses Prinzip muss nicht nur für Schüler, sondern auch
für Schulen gelten. Aufgabe der Politik ist es, solche Prozesse
anzustoßen und einzufordern. Im Gegenzug brauchen Schulen Freiräume
und die notwendigen Ressourcen - etwa für die sträflich
vernachlässigte Weiterbildung. Kurzfristig lassen sich so zwar keine
Pisa-Punkte sammeln. Langfristig aber gewinnt die gesamte
Gesellschaft.
Originaltext: Westfalen-Blatt
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Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261
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