WAZ: Petra und die Gelassenheit - Kommentar von Rolf Kiesendahl
Geschrieben am 16-12-2010 |
Essen (ots) - Liebe Petra, du alte Schneewalze. Über dich ist
schon alles gesagt worden, nur nicht von allen. Zum Beispiel von
einem, der sich über den Angstzustand wundert, der ab 1,5 cm
Schneehöhe das Revier überfällt. Wobei nicht die weißen Flocken
allgemeine Furcht auslösen, sondern die Satzungen, mit denen unsere
Kommunen die Straßenreinigung regeln. Purer Streu-Terror. 90-jährige
Urgroßmütter kommen deshalb nicht in den Schlaf, weil sie niemanden
haben, der morgens für sie Schnee schippt. Und das arbeitende Volk
müsste den halben Jahresurlaub opfern, um mit Schieber und Besen
allzeit bereit zu sein, getrieben von der Sorge, Ziel einer
Schadenersatzklage zu werden. Statt den Winter zu genießen, denken
wir an Versicherungsschutz. Die amtlich verordnete Räumpflicht wird
missachtet, oft genug von den Städten selbst. Vielerorts werden
kleine Straßen erst Tage später geräumt. Oder gar nicht. Warum machen
wir es nicht wie die Alpenländer? Dort gehen die Leute gelassener mit
der weißen Pracht um. Akute Gefahren beseitigen, Schnee festfahren
oder -trampeln, Granulat drauf und fertig, kein Streusalz. Und
kümmern uns statt dessen um Alte und Behinderte, die sich kaum aus
dem Haus trauen, kaufen für sie ein oder begleiten sie zum Arzt.
Petra, die kleine Polemik musste einfach sein. Jetzt walze mal
schleunigst ab.
Originaltext: Westdeutsche Allgemeine Zeitung
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