Börsen-Zeitung: Unnötiger Stress, Kommentar von Bernd Wittkowski zu neuen Bankenstresstests
Geschrieben am 21-12-2010 |
Frankfurt (ots) - Preisfrage: Sind deutsche Banken im
schuldengeplagten Irland mit 113 Mrd. Euro engagiert oder mit
überschaubaren 25 Mrd. Euro? Und ist der britische Finanzsektor der
größte Gläubiger auf der Grünen Insel vor oder nur der zweitgrößte
hinter dem deutschen Kreditgewerbe, jedenfalls wenn man von den 113
Mrd. Euro ausgeht? Sowohl als auch. Die Antwort hängt davon ab, ob
man gerade auf Zahlen der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich
(BIZ), der Bundesbank oder des Internationalen Währungsfonds (IWF)
zurückgreift. Es ist für jeden Bedarf etwas Passendes dabei. Fehlt
nur noch, dass die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht
(BaFin) und das Committee of European Banking Supervisors (CEBS) mit
eigenen Schätzungen des deutschen Irland-Exposures irgendwo inner-
oder auch außerhalb der bisher abgesteckten Spanne aufwarten.
Es ist nicht zu übersehen: Die für Bankenaufsicht bzw. für die
Erhebung dieser Daten Verantwortlichen müssen dringend mal einem
Stresstest unterzogen werden, und wenn sie ihre Performance nicht
deutlich steigern, werden sie mit Pauken und Trompeten durchfallen.
Im Ernst: Dass von der BIZ, von der Bundesbank, die in Irland für
deutsche Banken maximal die besagten 25 Mrd. Euro im Feuer sieht (der
größte Teil des Bruttobetrags soll auf insoweit irrelevante
Zweckgesellschaften entfallen), und zuletzt wieder vom IWF derart
widersprüchliche Zahlen in die Welt gesetzt werden, ist angesichts
der möglichen Folgen etwa für Kreditwürdigkeit und Kurse der Banken
ein Skandal. Wie es übrigens auch ein Ärgernis ist, wenn die Aufseher
die Engagements ihrer Pappenheimer in Krisenstaaten nicht ohnehin en
détail aus der laufenden Überwachung kennen.
Die Bankenkontrolleure sollten erst einmal ihre Hausaufgaben
abarbeiten, statt das Kreditgewerbe demnächst mit einem neuen
europaweiten Stresstest zu malträtieren. Wie sinnvoll solche
Belastbarkeitsprüfungen nach der One-Size-Fits-All-Methode sind, hat
man im Juli gesehen, als die beiden teilnehmenden irischen Banken die
Prüfung bestanden. Da haben die Aufseher nicht mal beim groß
angelegten Test das erfahren, was sie aufgrund der permanenten
Kontrolle längst hätten wissen müssen. Wenn sie aber bei den
routinemäßigen Prüfungen nicht merken, dass eine Bank stehend k.o.
ist, dann ist eh fast alles zu spät und der europaweite Test nur
unnötiger Stress für Beaufsichtigte wie für Aufseher.
(Börsen-Zeitung, 22.12.2010)
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