Tunesien: Übergangsregierung muss Pressefreiheit garantieren / Deutsch-französischer Fotograf schwer verletzt
Geschrieben am 17-01-2011 |
Berlin (ots) - Nach der Flucht des tunesischen Präsidenten Zine el
Abidine Ben Ali soll eine Übergangsregierung Neuwahlen in Tunesien
organisieren. Reporter ohne Grenzen (ROG) fordert die
Interimsregierung auf, mit der Politik Ben Alis zu brechen und
endlich Meinungs- und Informationsfreiheit zu respektieren. Der
Weggang von Ben Ali müsse einen "vollständigen Bruch mit den
vorherigen Jahren der Repression" nach sich ziehen, erklärte
ROG-Generalsekretär Jean-François Julliard.
Mit Ben Ali verließe ein "Feind der Pressefreiheit" das Land.
Während seiner 23-jährigen Diktatur habe der Präsident keine
kritischen Stimmen toleriert und nicht gezögert, Oppositionelle und
Dissidenten ins Gefängnis zu schicken. Alle politischen Häftlinge
müssten bedingungslos freigelassen werden. Diese "starke Geste" sei
nötig, damit die Bürger des nordafrikanischen Landes und die
internationale Staatengemeinschaft an eine nahe demokratische Zukunft
in Tunesien glauben könnten, so Julliard weiter.
Extrem besorgt ist ROG derweil über den Gesundheitszustand des
deutsch-französischen Fotografen Lucas Mebrouk Dolega. Der 32-Jährige
wurde am 14. Januar während der Proteste in der Hauptstadt von einem
Schuss aus einer Tränengasgranate am Kopf getroffen und
lebensgefährlich verletzt. Der Mitarbeiter der Fotoagentur "European
Press Photo Agency" (epa), die auch die deutsche Presseagentur dpa
beliefert, wurde in das Krankenhaus "La Rabta" in Tunis gebracht und
einige Stunden später operiert.
Am Vormittag des 16. Januar wurde Dolega zunächst für tot erklärt:
Das französische Konsulat und die epa erklärten, der Fotograf wäre an
seinen Verletzungen gestorben. Am selben Abend korrigierte das
Konsulat der dpa zufolge allerdings seine Darstellung: Dolega lebe
noch und sei in "kritischem Zustand", ließ eine Sprecherin verlauten.
ROG fordert die Aufklärung der genauen Umstände des Angriffs auf
den Fotografen und die Identifizierung der Täter. Auch in allen
anderen Fällen von Gewalt und Missbrauch durch Polizei- und
Sicherheitskräfte während der Demonstrationen der vergangenen Wochen
müsste ermittelt und die Schuldigen strafrechtlich verfolgt werden.
Für eine Wiederherstellung des Rechtsstaates in Tunesien nach 23
Jahren Diktatur sei die Aufarbeitung der Vorfälle unumgänglich, so
ROG.
Nach ROG vorliegenden Informationen sind inzwischen vier der seit
Ende Dezember 2010 festgenommenen Journalisten und Blogger
freigelassen worden. Nissar Ben Hassen, Mitarbeiter von "Radio
Kalima", Wissem Essghaier, Mitglied der Jugendorganisation der
Demokratischen Progressiven Partei und Mitarbeiter der Parteizeitung
"Al-Maouqif", sowie die Blogger Slim Amamou und Azyz Ammami wurden am
Abend des 13. Januar aus der Haft entlassen.
Pressekontakt:
Reporter ohne Grenzen
Anja Viohl
Pressearbeit
presse@reporter-ohne-grenzen.de
www.reporter-ohne-grenzen.de
T: +49 (0)30 202 15 10 - 16
F: +49 (0)30 202 15 10 - 29
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