Mittelbayerische Zeitung: Kommentar zu Bahn/Ramsauer
Geschrieben am 18-01-2011 |
Regensburg (ots) - Man kann einen Betrieb auch kaputtsparen: Dafür
lieferte die Bahn in den vergangenen Monaten leider viele ärgerliche
Beispiele. Die Zugausfälle und Verspätungen im Extremwinter, die
streikenden Klimaanlagen im Sommer oder die S-Bahn-Misere in Berlin
sind nur einige Belege dafür, dass es schwer ächzt und knarzt in der
Bahn-Maschinerie. Die Pannenserie ist ein Symptom dafür, dass es dem
Staatsbetrieb an allen Ecken und Enden an einem mangelt: an Geld.
Erst kürzlich beklagte Bahnchef Rüdiger Grube einen Investitionsstau
von vielen Milliarden Euro. Auf Deutsch heißt das: Sein Unternehmen
pfeift aus dem letzten Loch. Zu Recht fragen sich Millionen
verärgerte Bahnpendler und Urlauber, was mit den Milliarden
geschieht, die Bund und Länder jedes Jahr zuschießen. Weil die Bahn
gewaltige Summen lieber im Ausland oder in heimische Prestigeobjekte
investierte anstatt in ihr Kerngeschäft, müssen die Reisenden
hierzulande immer öfter wegen Störungen im Betriebsablauf auf dem
Bahnsteig warten. Für den Volkszorn hat sich Verkehrsminister Peter
Raumsauer einen bequemen Prellbock ausgesucht: Ex-Bahnchef Rüdiger
Mehdorn - der kann sich ja nicht mehr allzu sehr wehren - soll an dem
Schlamassel Schuld sein. Das wiederum beweist, dass es bei einem
Minister schnell zum Ausfall des Langzeitgedächtnisses kommen kann,
wenn eine Sache zu ärgerlich wird. Es war die schwarz-gelbe
Kohl-Regierung, die der Bahn den Börsengang verordnete. Es war die
rot-grüne Schröder-Regierung, die dabei aufs Tempo drückte. Es waren
Ramsauers Amtsvorgänger, die den Manager Mehdorn in den Konzern
holten, um ihn auf Rendite zu trimmen. Erinnern Sie sich jetzt, Herr
Minister? Und immer noch ist der Staat Eigentümer der Bahn. Und es
sind die Politiker, die im Aufsichtsrat brav alle Pläne der
Kostendrücker abnickten. Ramsauer wäre gut beraten, schleunigst die
Notbremse beim Börsengang zu ziehen. Die Politik muss das Unternehmen
in die richtige Spur setzen: Die alten Bahn-Tugenden Zuverlässigkeit
und Pünktlichkeit müssen wieder Vorrang haben. Davon würden alle
profitieren.
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Mittelbayerische Zeitung
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