BERLINER MORGENPOST: Guttenberg ist auf dem richtigen Weg - Leitartikel
Geschrieben am 23-01-2011 |
Berlin (ots) - Man muss sich ein bisschen wundern an diesem einmal
mehr sehr aufgeregten politischen Wochenende. Kann man wirklich
streiten über die Entscheidung des Verteidigungsministers? Ja, man
kann. Oder besser: man könnte. In dem Fall nämlich, dass alle in den
vergangenen Tagen an die Öffentlichkeit lancierten Geschichten über
die rauen Sitten an Bord der "Gorch Fock" komplett aus der Luft
gegriffen wären, Seemannsgarn, üble Nachrede, Zeitungsenten. Aber nur
dann. Beruhen die Berichte vom fernen Kap dagegen auch nur auf einem
Funken Wahrheit, hatte Karl-Theodor zu Guttenberg keine andere Wahl.
Drangsalierung, Unmenschlichkeit, sexuelle Belästigung - man kommt ja
kaum hinterher mit dem Lesen. Und dann soll man einen Kommandanten,
der sich all dieser Vorwürfe zu erwehren hat, der all dies im Fall
des Falles zu verantworten hat, einfach weiterkommandieren lassen,
als wäre nichts passiert? Eine aberwitzige Vorstellung. Nein,
Guttenberg hat - eher zu spät als zu früh - in Sachen "Gorch Fock"
die einzig mögliche Entscheidung getroffen. Alles andere wäre dem
Gewicht der Vorwürfe, aber auch der Bedeutung der "Gorch Fock" für
die Bundeswehr und, zu Ende gedacht, für die Verfassung dieses Landes
nicht gerecht geworden. Die "Gorch Fock", gar keine Frage, war in den
vergangenen Jahrzehnten ein Symbol für das Gute in der Bundeswehr,
für ein Deutschland, dessen Matrosen im Zweifel um die ganze Welt
fahren konnten, ohne Schaden anzurichten. Die "Gorch Fock" stand nach
innen für Teamgeist, verantwortungsbewusste Führung, auch für
Vaterlandsliebe. Nach außen repräsentierte sie die Verlässlichkeit,
die Friedfertigkeit und Weltoffenheit unseres Landes. Sie war immer
das wohl bekannteste und schönste Aushängeschild der Bundeswehr, ein
idealer Werbeträger. Das alles hat sich für den Moment erledigt. Die
"Gorch Fock" gehört erst einmal auf Kiel gelegt. Und dann muss man
mal genau gucken. Die Bundeswehr steht ja ohnehin am Scheideweg in
diesen Monaten. Durch den Wegfall der Wehrpflicht, durch die
Notwendigkeit, jetzt eine Berufsarmee auszubilden, die dieses Land
mindestens ebenso gut - womöglich sogar besser - repräsentiert wie
ihre Vorgängerin, gehören ohnehin alle Strukturen, alle Gewohnheiten,
erst recht alle Unsitten auf den Prüfstand. Drill, unbedingter
Gehorsam oder auch nur "Klimmzüge", wie sie der abgesetzte Kommandant
seinen Rekruten empfohlen hat, dürften in Zeiten der asymmetrischen,
biologisch-chemischen, computergesteuerten Kriegführung nicht
zwingend zum Markenkern einer modernen Armee gehören. Kreativität,
die Fähigkeit, die bessere Lösung zu finden, und der Mut zum
Widerspruch dagegen schon. Die Reaktionen, die man gestern aus der
Bundeswehr auf die Absetzung des "Gorch Fock"-Kommandanten gehört
hat, lassen nicht darauf schließen, dass diese schlichte Wahrheit
schon überall angekommen ist in den Kasernen und Leitständen dieses
Landes.
Pressekontakt:
BERLINER MORGENPOST
Chef vom Dienst
Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de
Kontaktinformationen:
Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.
Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.
Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.
http://www.bankkaufmann.com/topics.html
Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.
@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf
E-Mail: media(at)at-symbol.de
311871
weitere Artikel:
- Mitteldeutsche Zeitung: zur Bundeswehr Halle (ots) - Guttenberg ist da angekommen, wo sein glückloser
Vorgänger Franz Josef Jung (CDU) aufgehört hat.
Verteidigungsministerium und Bundeswehr bleiben Festungen hartnäckig
gepflegter Sachzwänge, Traditionen und Eigensinne. Durch politische
Schnellschüsse wie den Rausschmiss zweier zentraler Mitarbeiter sind
sie nicht zu stürmen. Der Umgang mit der Nachricht vom Tod eines
Soldaten in Afghanistan durch den Schuss eines Kameraden bestätigt
die leidige Erfahrung: Die militärischen "Meldewege" - zu Deutsch:
die Pfade der Information mehr...
- Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar
Verteidigungsminister und Bundeswehr in der Kritik
Rituale und Traditionen
STEFAN BOSCHER Bielefeld (ots) - Er wollte Offenheit und Transparenz, er wollte
Soldaten, die ihre Wünsche mitteilen und die sagen, wenn sie etwas
stört. Aber nach dem mysteriösen Tod eines Bundeswehrsoldaten in
Afghanistan und mitten in der Affäre um die Vorgänge auf der "Gorch
Fock" muss Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg erkennen,
dass auch er eine von Ritualen und Traditionen geprägte Armee nicht
von jetzt auf gleich umkrempeln kann. Die Bundeswehr meint von sich,
im 21. Jahrhundert angekommen zu sein. Vielleicht ist sie es auch mehr...
- Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar
Atomgespräche mit dem Iran
Kontrolle ist gut, Attacke ist besser
THOMAS SEIBERT,ISTANBUL Bielefeld (ots) - Die internationalen Gespräche über das iranische
Atomprogramm in Istanbul sind ohne Ergebnis beendet worden, einen
neuen Termin gibt es nicht. Der Iran stellte sich quer und verlangte
von der internationalen Gemeinschaft, vor dem Einstieg in inhaltliche
Verhandlungen müsse das Recht Teherans auf Urananreicherung
garantiert werden. Außerdem solle die UNO ihre Sanktionen aufheben.
Beides ist als Vorbedingung aber nicht möglich. Kein Wunder, dass
sich EU-Außenministerin Ashton in Istanbul frustriert zeigte. Doch
nicht mehr...
- Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar
Politische Koalitionen
CDU in der Klemme
CARSTEN HEIL Bielefeld (ots) - Die CDU hat ein Problem: Ihr fehlen bei Wahlen
die alternativen Koalitionspartner. Die Konservativen sind allein auf
die FDP angewiesen. Der neue CDU-Landesvorsitzende in
Nordrhein-Westfalen, Norbert Röttgen, hat das erkannt. Er bringt
jetzt plötzlich und gezielt schwarz-grüne Koalitionen ins Gespräch.
Nützen wird das seiner Partei nicht. Koalitionen aus Union und Grünen
sind passé. Derzeit. Zwar hat sich die Union in den Umfragen wieder
etwas stabilisiert. Aber die Schwäche des liberalen
Koalitionspartners im Bund mehr...
- WAZ: Frauen reicht der Job allein nicht
- Kommentar von Sibylle Raudies Essen (ots) - Männer brauchen zum Glücklichsein Erfolg im Beruf,
Frauen machen Glück stärker auch an anderen Faktoren fest. Das
Ergebnis der neuen DIW-Studie ist in seiner Tendenz nicht wirklich
überraschend. Beeindruckend ist allerdings die Eindeutigkeit der
Zahlen, die auf einer großen, soliden Basis erhoben wurden. Im
Vergleich sind Männer in Führungspositionen deutlich glücklicher als
Frauen im gleichen Rang. Meist hat der männliche Chef allerdings
"nebenbei" auch noch Familie, seine Kollegin seltener. Die
Wissenschaftlerinnen mehr...
|
|
|
Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten
Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:
LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre
durchschnittliche Punktzahl: 0 Stimmen: 0
|