(Registrieren)

Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zur Berlinale

Geschrieben am 10-02-2011

Bielefeld (ots) - Die Berlinale ist hochpolitisch, und »politisch«
ist ja ein Synonym für »öde« und »spaßfrei«. Sie hat ein dünnes
Programm: nur 16 Filme. Sie lockt kaum einen Star an: Madonna kommt
für einen Drei-Minuten-Trailer, dann verschwindet sie in den
Privatclub »Soho House«. Damit wären die Berliner Filmfestspiele, die
gestern begonnen haben, abgehakt, und wir können, wie jedes Jahr im
Februar, unseren Klagegesang über den Tod des Films anstimmen. Doris
Dörrie singt uns vor: Deutsche Filmstudenten glauben, man könne in
der Heimat keine Geschichten fürs Kino finden. Sie hat außerdem
gesagt, dass hinter jeder Häuserecke ein Fernsehredakteur lauert, der
dem Jungfilmer die Keule des massentauglichen Mittelmaßes über die
Rübe zieht, und dann hat sie noch gesagt: »Ich traue mich nicht mehr,
Filmstudenten nach Fellini zu fragen, denn die Antworten sind so
deprimierend, dass ich sofort anfange zu weinen.« Ja, Fellini. Der
war ein Guter. Und nun vergessen wir die ollen Kamellen und schauen
ins Hier und Heute. Auf die Berlinale, die nicht dünn ist, sondern
schlank, was nur bedeutet, dass alles draußen bleiben musste, was die
Programme anderer Festivals über Gebühr aufbläht. Klar: Cannes und
Venedig haben mehr Sexappeal als Berlin, das liegt natürlich am
weißen Strand und an der pittoresken Lagune. In Berlin hingegen, das
nur die einbetonierte Spree hat, zieht jemand die Fäden, der die
Kunstform »Film« noch ernst nimmt: Dieter Kosslick, der Festivalchef.
Er schielt ein bisschen auf die Stars, das sei ihm vergönnt, aber die
südeuropäische Attitüde, der große Namen wichtiger sind als die auf
der Leinwand erzählten Geschichten, ist Kosslick wesensfremd. Zum
Wohle der Themen, die der Mainstream-Kinogänger für freakig hält -
Migration, Homosexualität, Korruption -, hat Berlin eine eigene
Sektion (»Panorama«), für den Schwerpunkt Familienkonflikte eine
weitere (»Forum«). Und im Hauptprogramm sind Überraschungen absehbar.
Und »Überraschung« ist ja ein Synonym für »beste Unterhaltung«. Wird
uns der einzige deutsche Beitrag Intelligenteres von der RAF
berichten als einst der dissonante Heldengesang
»Baader-Meinhof-Komplex«? Können Kevin Spacey und Demi Moore das
sperrige Thema »geplatzte Finanzblase« fassbar machen? Sind die
»Contes de la Nuit« wirklich ein wunderbares Märchen? Und was gibt es
über jene berühmte Episode zu erzählen, als der Philosoph Nietzsche,
in Turin ein Pferd umarmend, in geistiger Umnachtung zu verdämmern
begann? Französische Komödie (leider außer Konkurrenz), englisches
Shakespeare-Drama in der Jetztzeit, türkisches Dreieck mit einer
hübschen Studentin und zwei verschrobenen WG-Typen: An tollen
Geschichten herrscht kein Mangel. Hat hier jemand behauptet, das Kino
wäre tot?



Pressekontakt:
Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

315224

weitere Artikel:
  • Neue OZ: Kommentar zu Film / Berlinale Osnabrück (ots) - Ein guter Auftakt Was sagt der Auftakt über das Festival? Zuletzt gab Festival-Chef Dieter Kosslick gegenläufige Signale. Scorseses Film über die Rolling Stones brachte Star-Appeal - und unterstrich die Verpflichtung gegenüber dem Dokumentarischen. Tykwers "International" proklamierte Anspruch auf Weltgeltung - eine Geste in Richtung Markt. 2010 schilderte der chinesische Film "Tuan Yuan" die Spuren der Geschichte im Familienleben. Ein Hinweis auf die politische Relevanz des Festivals? Die Tischszenen ließen mehr...

  • Die erste Erzählung des Kölner Historikers Hans Hesse füllt die biografische Leerstelle von Kurt Elvers Köln (ots) - Seine Biografie ist bis heute eine Leerstelle. Dem Familiengrab in Hamburg-Ohlsdorf droht die Planierung. An Kurt Elvers erinnert dann nur noch ein Stolperstein in der Hamburger Osterstraße. Doch wie starb der Student der "Nordischen Kunsthochschule", was führte zu seinem Vergessen? Diese Fragen beantwortet der Kölner Historiker Hans Hesse in seiner ersten biografischen Erzählung. Bremen, im Sommer 1944. Der junge Soldat Kurt Elvers erhält die Erlaubnis, sich als Student bei der "Nordischen Kunsthochschule" einzuschreiben. mehr...

  • Neue OZ: Kommentar zu Musik / Festivals Osnabrück (ots) - Bremsen oder Gas geben? Große Namen, opulentes Programm: Braunschweig Classix spielte in der Festival-Oberliga mit. Das honorierten die Sponsoren, indem sie ihr Geld gaben. Die Geldgeber bekamen wiederum ein First-Class-Festival, das ihren Namen transportierte. So funktioniert das Zusammenspiel von Kultur und Wirtschaft. Was aber, wenn ein wichtiger Geldgeber aussteigt? Tritt der Festivalzug auf die Bremse, springen womöglich weitere Sponsoren ab - denn die geben ihr Geld ja in ein 1-a-Festival mit hohem mehr...

  • WAZ: Gottschalk hat gut entschieden - Kommentar von Frank Preuß Essen (ots) - Fast ein Vierteljahrhundert lang hat Thomas Gottschalk uns mit "Wetten, dass..?" am Samstagabend bespaßt. Für eine Zeit, in der das Publikum ständig nach neuen Reizen lechzt, ein unvergleichlicher Marathon. Gottschalk wuchs vom Showmaster zum Amtsinhaber. Nun tritt er zurück. Es ist der richtige Zeitpunkt. Die Tragödie um den verunglückten Wettkandidaten hat Gottschalk die Entscheidung abgenommen. Er hat vermutlich schon eine Zeitlang über seinen Ausstieg nachgedacht. Der schleichende Bedeutungsverlust der größten mehr...

  • Rhein-Neckar-Zeitung: Souverän Heidelberg (ots) - Die Rhein-Neckar-Zeitung kommentiert den angekündigten Rückzug von "Wetten, dass..?"-Moderator Thomas Gottschalk: "Der unbefangene Spaß ist vorbei. Und um nicht auf dem Tiefpunkt zu gehen, lässt der Unterhalter seine letzte Staffel dem Ende entgegenplätschern, mit deutlich angezogener Risikobremse. So stilsicher war Gottschalk nicht immer - nicht mit seinen Outfits, nicht mit seinen Sprüchen. Er ist an seiner Aufgabe gewachsen. Auch deshalb wird es ein Nachfolger schwer haben. Schon das Zwischenspiel von Wolfgang mehr...

Mehr zu dem Thema Alles rund um die Kultur

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

Pinocchio erreicht Gold in Deutschland mit Top-3-Hit "Klick Klack" - "Mein Album!" erscheint am heutigen Tag - Neue Single "Pinocchio in Moskau (Kalinka)" folgt am 17. März

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht