WAZ: Studiengebühren abschaffen? -
Pro (von Christopher Onkelbach) & Contra (von Ulrich Reitz)
Geschrieben am 22-02-2011 |
Essen (ots) - Pro:
Die Abschaffung der Studiengebühren ist richtig. Das Experiment
ist nach rund fünf Jahren gescheitert. Ein Bundesland nach dem
anderen schafft sie ab. Die zusätzlichen Kosten halten gerade
diejenigen von den Hochschulen fern, die für die höhere Bildung
gewonnen werden sollen: Kinder aus einkommensschwachen Familien. Und
Studien belegen, dass Geldsorgen ein Hauptgrund für einen
Studienabbruch sind. Es wird aber jeder kluge Kopf gebraucht. Die
Kompensation des Landes für die ausfallenden Mittel ist nötig und
muss bei wachsenden Studentenzahlen in Zukunft steigen. Die Gebühren
wurden allein aus finanziellen Gründen eingeführt. Die
Hochschulrektoren gaben ihren Widerstand dagegen aus purer Finanznot
auf. Das Bildungssystem benötigt mehr Geld, soll das Niveau gehalten
werden. Doch das Argument, der Staat habe eben nicht mehr zu
verteilen, greift zu kurz. Man darf nicht nur die Ausgabenseite
betrachten, dann nämlich werden Kitas gegen Universitäten, Arbeiter
gegen Akademiker ausgespielt. Gerechter und einfacher wäre es, dies
über eine Akademiker-Steuer zu regeln. Dadurch würden Menschen mit
hohem Einkommen stärker an den Bildungskosten beteiligt.
Contra:
Studienbeiträge sind gerecht, denn Bildung hat einen Preis, und
weshalb sollen den jene nicht bezahlen, die davon die Vorteile haben?
Akademiker haben einen doppelten Vorteil: ein geringeres
Arbeitsplatzrisiko und eine höhere Verdienstaussicht. Der Verzicht
auf Studienbeiträge, die ohnehin nur einen Bruchteil der Kosten
decken, wird mit höheren Schulden bezahlt. Schulden von heute sind
Steuern von morgen. Weshalb sollen alle Kinder das Studium
akademischer Eltern bezahlen? Und warum sollte ein Lehrling oder
Meister über seine Steuern ihm gegenüber privilegierten Akademikern
die Ausbildung bezahlen? Die Beiträge verschärfen die soziale
Auswahl, sie halten arme Kinder vom Studium ab, argumentieren die
Abschaffungs-Befürworter. Das aber ist überhaupt nicht belegt, im
Gegenteil hat die Uni Bochum ermittelt, dass die Gebühren keine
solchen sozialen Auswirkungen haben. Wer die Verfestigung sozialer
Milieus verhindern will, sollte lieber Kindergärten kostenfrei
machen. Schließlich: Gebühren machen aus Studenten Kunden, die bei
der Uni eine Leistung abfordern. Fazit: Nicht jeder Euro, der in
Soziales investiert wird, schafft Gutes. Die Abschaffung der
Studiengebühren ist unsozial.
Pressekontakt:
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: 0201 / 804-6528
zentralredaktion@waz.de
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