WAZ: Normalo Guttenberg
- Leitartikel von Ulrich Reitz
Geschrieben am 23-02-2011 |
Essen (ots) - KT, wie ihn seine Fans nennen, von denen er sehr
viele hat, lebte bislang davon, etwas Besonderes zu sein. Nicht
dieses von weiten Teilen des Volkes graumausige Berliner Mittelmaß
aus Kompromiss und Halbwahrheit, sondern ein adliger
Seiteneinsteiger, ein Mann, der aus dem heimatlichen Schloss
herabstieg in die profane Berliner Volksvertretung, um ihr sein Licht
zu leihen. Guttenberg lebte von seiner sissihaften Einmaligkeit. Nun
stirbt er daran. Abgeschrieben habe ich doch auch, werden viele
unserer Leser sagen. Das stimmt ja auch. Aber wohl niemand, der das
sagt, wird dabei zugeben müssen, einen leibhaftigen Eid gebrochen zu
haben. Diesen Eid schwört jeder Kandidat vor der Abfassung seiner
Dissertation. Ihn zu brechen, ist die größtmögliche akademische
Sünde. Sie wurde begangen aus schnöden Marketing-Gründen: Dr. Strunz.
Nun ist der Mann nur noch Baron und dieses "nur" ist dem Umstand
geschuldet, dass in Deutschland der Adel nach der Erfahrung mit
dessen Demokratie unverträglicher Dekadenz abgeschafft worden ist.
Lug und Trug ist das eine. Das andere ist diese unglaubliche
Überheblichkeit. Wie konnte Guttenberg glauben, damit durchzukommen,
nicht nur mit seiner Schein-Promotion, sondern auch mit einer
Rechtfertigung, die im Kern aus der arroganten Behauptung bestand:
Mir kann keener. Mit jedem Rettungsversuch ritt er sich tiefer
hinein. Zuletzt mit der Ankündigung, den Doktortitel zurückzugeben.
Auch das fällt in dieses Überheblichkeits-Muster. Guttenberg kann
diesen Titel gar nicht zurückgeben, nur die Universität kann ihn
aberkennen. Wie wird man so - nun ja, abgehoben? Ist es die
Sozialisation im Schloss, hoch über der Gemeinde, den Bürgern,
gelegen? Diese These scheint Guttenbergs Bruder zu bestätigen, der
bei der Würdigung KTs auf der Verleihung des Ordens wider den
tierischen Ernst gar nicht oft genug darauf hinweisen konnte, dass KT
doch ein normaler Mensch geblieben sei. Das tut einer nur, wenn
Zweifel daran erlaubt sind. Tatsächlich hat Guttenberg, der von
manchen ja noch für konservativ gehalten wird, gegen beinahe alles
verstoßen, was Konservativen an Moral- und Stilempfinden am Herzen
liegt. Fazit: Das Schicksal, dass nun Guttenberg droht, ist trübe.
Schrecklich für ihn und für uns. Kaiser ohne Kleider, verliert er
seine Einzigartigkeit, wird einer wie alle anderen. Und wir verlieren
eine Lichtgestalt. Haben sie schon verloren.
Pressekontakt:
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: 0201 / 804-6528
zentralredaktion@waz.de
Kontaktinformationen:
Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.
Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.
Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.
http://www.bankkaufmann.com/topics.html
Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.
@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf
E-Mail: media(at)at-symbol.de
317459
weitere Artikel:
- Mitteldeutsche Zeitung: zu Guttenberg Halle (ots) - Guttenberg ist offensichtlich nicht der einzige, der
schnellstmöglich einen Schlussstrich unter die Affäre ziehen wollte.
Für die Uni Bayreuth ist die Aberkennung eines Doktortitels, der mit
"summa cum laude" verliehen wurde, hochnotpeinlich. Je schneller sie
dem Unvermeidlichen stattgab, umso besser. Bundeskanzlerin Angela
Merkel (CDU) mag hoffen, dass bis zu den nächsten Wahlen in
Sachsen-Anhalt, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz schon wieder
Gras über die Sache gewachsen ist. Aber trotz der weiterhin guten
Umfragen mehr...
- Mittelbayerische Zeitung: Gaddafis Komplizen
Leitartikel zur Haltung der EU gegenüber Libyen Regensburg (ots) - Die Opfer des Volksaufstands in Libyen klagen
den Westen an: Das Blut der getöteten Demonstranten klebt nicht nur
an den Händen Gaddafis. Auch die ehemaligen Kolonialherren aus Europa
und die ölsüchtigen Amerikaner haben sich mit ihrer schizophrenen
Haltung gegenüber dem Folter-Regime schmutzig gemacht. Denn sie waren
es, die den Erzterroristen nicht nur wieder salonfähig machten,
sondern seinen Unrechtsstaat auch noch mit Milliardensummen und
Waffen unterstützten. Eigentlich müsste ein Verbrecher wie Gaddafi
seit mehr...
- Mittelbayerische Zeitung: Minister in Demut
Kommentar zur Anhörung Guttenbergs Regensburg (ots) - Seit einer Woche sind die Vorwürfe in der Welt,
der CSU-Star und Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu
Guttenberg habe große Teile seiner Doktorarbeit woanders
abgeschrieben, habe sich mit fremden Federn geschmückt, habe betrogen
und gelogen. Der Bundestag erlebte gestern den Höhepunkt der
politischen Auseinandersetzung um die schlimme wissenschaftliche
Verfehlung des Ministers. Es wurde um die politisch-moralische Frage
gestritten, ob ein Mensch, der in einer Sache einen unverzeihlichen
Fehler begangen hat, mehr...
- Westdeutsche Zeitung: Weniger Rendite, aber mehr Sicherheit =
von Peter Kurz Düsseldorf (ots) - Der Garantiezins auf
Kapitallebensversicherungen sinkt durch staatliche Order ab Januar
2012 von 2,25 auf 1,75 Prozent. Das klingt wie eine schlechte
Nachricht. Doch die Versicherten trifft das erst einmal gar nicht.
Für laufende Verträge gelten schließlich die alten Garantiezusagen.
Und es ist niemand gezwungen, einen neuen Vertrag abzuschließen. So
bleibt die schlechte Nachricht an den Versicherern hängen. Doch schon
jetzt ist absehbar, dass die Branche sie in ein verkaufsförderndes
Argument umdrehen wird - das mehr...
- Mitteldeutsche Zeitung: zu Ölpreis Halle (ots) - Nichts goutieren die Märkte weniger als anhaltende
Unsicherheit. Und die Nervosität wird wohl noch eine ganze Weile
nicht verschwinden. Auf sinkende Ölpreise sollten sich Verbraucher
und Wirtschaft nicht mehr einstellen. Die Zeiten sind vorbei. Einer
wachsenden Nachfrage steht ein immer knapperes Öl-Angebot gegenüber.
Und selbst wenn es noch reichlich Öl in nicht erschlossenen Feldern
gibt: Der Rohstoff, der unseren Wohlstand schmieren soll, wird
schmutziger und teurer. Wir haben die Folgen zu lange verdrängt und
noch mehr...
|
|
|
Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten
Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:
LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre
durchschnittliche Punktzahl: 0 Stimmen: 0
|