(Registrieren)

Börsen-Zeitung: Bitterer Kelch bleibt erspart, Kommentar zum EuGH-Urteil, das geschlechtsneutrale Versicherungstarife vorschreibt, von Thomas List

Geschrieben am 01-03-2011

Frankfurt (ots) - Die Assekuranz ist sich einig - von den
Verbänden über die einzelnen Gesellschaften bis hin zu den
Vermittlern. Das gestern ergangene Urteil des Europäischen
Gerichtshofs, das ab Ende 2012 europaweit ohne Ausnahme
geschlechtsunabhängig kalkulierte Tarife vorschreibt, ist
"enttäuschend" (der europäische Versicherungsverband CEA und der
britische Verband ABI), "falsch" (HUK-Coburg), zumindest aber
"bedauerlich" (der deutsche Vermittlerverband BVK<).

Im Zentrum der Kritik steht das Argument, nur Gleiches dürfe
gleich behandelt (sprich kalkuliert) werden, Ungleiches aber
ungleich. Unbestritten ist aber, dass das Geschlecht das Risiko
beeinflusst. Junge Männer bauen mehr Unfälle als gleich alte Frauen,
deshalb zahlen Männer bei sonst gleichem Risiko höhere Prämien in der
Kfz-Haftpflichtversicherung. Auf der anderen Seite leben Frauen
länger, deshalb erhalten sie bei gleich hohen Einzahlungen (Prämien)
niedrigere monatliche Auszahlungen in der privaten
Rentenversicherung.

Auch wenn es noch andere Argumente gegen die
geschlechtsspezifische Differenzierung gibt (Frauen leben länger,
weil sie sich gesünder ernähren, weniger Stress im Beruf haben bzw.
Stress besser verarbeiten können), entscheidend war der schon in der
Richtlinie 2004/113 verankerte Gleichbehandlungsgrundsatz. Er wurde
nachträglich in den Regierungsverhandlungen über die Richtlinie durch
eine Ausnahmeregelung eingeschränkt bzw. durch die Unbefristetheit
dieser Ausnahme faktisch gekippt. Das wollte der EuGH nicht
hinnehmen, weil er damit die in den "Erwägungsgründen"
festgeschriebene Intention der Richtlinie, jegliche Diskriminierung
wegen des Geschlechts zu verbieten, konterkariert sah.

Insbesondere nach dem Votum der Generalanwältin war das Urteil des
EuGH keine Überraschung mehr. Die Branche wird damit gut
zurechtkommen. Die Frist bis Ende 2012 ist für die sicherlich
aufwendigen Neukalkulationen vieler Tarife lang genug. Zwar gibt es
Tendenzen, für welche Gruppe es in welcher Sparte teurer bzw.
billiger werden dürfte. Dass es dann zu großen Ausweichaktionen
kommen wird, ist keineswegs ausgemacht. Denn Alternativen sind nicht
(Kfz-Haftpflicht) oder nur schwer (Krankenversicherung) darstellbar.
Und schließlich: Der bittere Kelch einer Rückwirkung des Urteils ist
an der Branche vorbeigegangen.



Pressekontakt:
Börsen-Zeitung
Redaktion

Telefon: 069--2732-0
www.boersen-zeitung.de


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

318550

weitere Artikel:
  • Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu Unisex-Tarifen bei Versicherungen Bielefeld (ots) - Man muss nicht alles verstehen, was die EU-Justiz entscheidet. Zuletzt untersagte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte deutschen Richtern, Straftäter nachträglich in Sicherungsverwahrung zu schicken. Nun verbietet der Europäische Gerichtshof Versicherungen, zwischen Männern und Frauen zu unterscheiden - ein schwerer Eingriff in die unternehmerische Freiheit. Denn natürlich müssen Versicherer die Gestaltung einer Police vom Risiko abhängig machen dürfen. Die Feuerversicherung eines reetgedeckten Hauses ist mehr...

  • AUO stellt auf PV EXPO 2011 neuste PV-Module und -Technologien vor Hsinchu, Taiwan (ots/PRNewswire) - AU Optronics Corp. ("AUO" oder das "Unternehmen") ist einer der Aussteller der 4. International Photovoltaic Power Generation EXPO 2011 (PV EXPO 2011), die vom 2. bis 4. März auf dem Messegelände Tokyo Big Sight im japanischen Tokio stattfindet. Auf der Messe will AU seine neuste AC-Photovoltaiktechnologie vorstellen, die das in Stadt- und Wohngebieten häufig auftretende Problem der Beschattung löst. Ausserdem wird ein PV-Modul präsentiert, das die Salzsprühnebelprüfung im Hinblick auf Korrosion bestanden mehr...

  • Neue OZ: Kommentar zu EU / Justiz / Versicherungen Osnabrück (ots) - Solidargemeinschaft Das ist ärgerlich für die Versicherungsbranche: Ihr wurde soeben eines der Prinzipien ihres Geschäfts entzogen. Bisher galt: Wenn Statistiken zeigen, dass Frauen seltener Autounfälle bauen, sollen sie eben niedrigere Prämien zahlen. Und wenn Männer tendenziell früher sterben, muss eine Risiko-Lebensversicherung für sie teurer sein. Klingt doch logisch. Treibt der Europäische Gerichtshof also die "Political Correctness" auf eine alberne Spitze? Mit der politischen Diskussion zur Frauenquote mehr...

  • Neue OZ: Kommentar zu Arbeitsmarkt / Februar Osnabrück (ots) - Knappheit und Wert Selten waren sie so begehrt wie heute. Arbeitskräfte sind in der Nachkrisen-Ära der deutschen Wirtschaft knapp geworden. Das äußert sich auch in der Abnahme der Arbeitslosenzahl im Februar, einer Zeit, in der das Heer der Jobsuchenden mangels Beschäftigungsmöglichkeiten im Winter üblicherweise anschwillt. Bleibt zu hoffen, dass die belastenden Einflüsse der kalten Jahreszeit auf den Stellenmarkt auch im März von der Stärke des Aufschwungs zurückgedrängt werden. Wenn dann, wie Bundesagentur-Chef mehr...

  • OneVoice wirft die Frage auf, ob die Macht des Volkes auch die Zwei-Staaten-Lösung retten kann London (ots/PRNewswire) - Der Schattenminister für externe Angelegenheiten Stephen Twigg (http://stephentwiggmp.co.uk/home) kam am Montag zu OneVoice-Veranstaltung (http://www.onevoicemovement.org) im House of Commons, um sich zu erkundigen, ob die Macht des Volkes das fehlende Element ist, eine Zwei-Staaten-Lösung zu entwickeln (http://www.onevoicemovement.org/about-onevoice). (Foto: http://photos.prnewswire.com/prnh/20110228/DC56161) (Logo: http://photos.prnewswire.com/prnh/20110117/DC31246LOGO-b) Parlamentarier und besorgte mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Wirtschaftsnews

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

DBV löst Berechtigungsscheine von knapp 344 Mio. EUR ein

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht